Sein Name war Wronsky

Bullets over Vienna: Wie jemand einmal seine Theaterkarriere ankurbeln wollte (Teil1)

Vor vielen, vielen Jahren, als Märchen noch die Wahrheit waren, da lebte in einem fernen Land einmal eine Studentin namens Corinna S. In Wirklichkeit hieß sie zwar ganz anders, aber aus Gründen, die an dieser Stelle nicht genannt werden dürfen, wollen wir bei diesem Namen bleiben. Nun begab es sich, das Corinna S. zu einem Zeitpunkt, an dem sich ihre Semesterzahl bereits weit im zweistelligen Bereich befand, dass sie also der elenden Plackerei überdrüssig ward und in die Welt ziehen und ihr Glück versuchen wollte. Es gelüstete sie nach schnellem Ruhm und Reichtum, und nichts Geringeres wollte sie unternehmen, als eine gefeierte Theater-Regisseurin zu werden, und zwar am Wiener Burgtheater.

Hurtig und frohgemut packte Corinna S. ihren Ranzen, klemmte sich noch die beste Freundin unter den Arm und – hopp – saß man schon im Nachtzug nach der großen Stadt an der Donau. Der Plan war so einfach wie genial: Direkt zum Büro des braven Herrn Peymann wollte Corinna S. laufen, vorstellig werden, die beiden Lehrjahre absitzen und fortan als glitzernder Theater-Stern die feinsten Partys besuchen und sich bewundern lassen.

In Wien angekommen überlegten sich Corinna S. und ihre Freundin, dass es bei der anstehenden Unterredung mit dem Theaterfürsten dienlich sei, ein gerüttelt Maß an Fachkenntnis vorweisen zu können. So beschloss man, gleich am ersten Abend auszuziehen, die „Wiener Szene“ zu finden. Als sie jedoch gegen ein Uhr in der Nacht nichts als die üblichen Kneipen gefunden hatten, die es auch zu Hause gab, da hoben sie an zu jammern und zu klagen, sich die Krägen zu zerreißen und laut Gott zu fluchen.

Und wie sie so jammerten und klagten, da löste sich eine dunkle Gestalt aus dem Hintergrund, die vorher unbeweglich, schweigsam und unentdeckt in einer Nische des Lokals verborgen gewesen war, und näherte sich den zeternden Damen. Die Gestalt entpuppte sich als ein Mann von ungewissem Alter und enormer Leibesfülle, in edelsten Zwirn gekleidet, der den Freundinnen in urigstem Wiener Schmäh den Vorschlag unterbreitete, sie mittenmang in die exklusivste „Wiener Szene“ einzuführen, wenn sie ihm nur vertrauensvoll folgen wöllten. Nachdem die Freundinnen sich hatten versichern lassen, dass es ihr Schaden nicht sei, wenn sie sich in des Fremden Obhut begäben, folgten sie ihm zu seinem weißen Mercedes, in dem er sie zu einem geheimen Club namens „Sprudeltante“ kutschierte.

Dort ging es lustig zu, Champagner floss aus tausend Quellen, und während die Freundin zwar nicht mit Falco ins Gespräch kam, dafür aber mit einem anderen netten Herrn, begann Corinna S., sich mit dem neuen Beschützer zu unterhalten. Sein Name war Wronsky, er besaß die führende Wiener Wettbüro-Kette, schwor Stein und Bein, dass er den Handel mit Waffen und Menschen verabscheue und zum Burgtheater könne er, wie er sagte, Corinna S. leider auch nicht bringen, aber der Chefdramaturg des Wiener Volkstheaters, ja, der schulde ihm noch „einen Gefallen“.

Und während Corinna S. noch überlegte, ob ein solch ausgefallener Einstieg in die Theaterkarriere für sie in Frage käme, erzählte der Unterweltbaron Wronsky weiter, er habe eine dreiwöchige Reise mit einem Geschäftspartner nach Las Vegas geplant, kommende Woche solle es losgehen, nun habe der Geschäftspartner sich allerdings den Fuß gebrochen, jedoch alles sei schon für zwei gebucht und bezahlt. Und, so fuhr er fort, es wäre ihm eine große Freude, wenn Corinna S. ihn an Stelle des Geschäftspartners nach Las Vegas begleiten würde. Sorgen müsse sie sich nicht machen, er sei ein Ehrenmann, der einwandfreies Benehmen schätze…

Ob Corinna S. dem Wiener Unterweltbaron nach Las Vegas folgt und wie es mit ihrer Theaterkarriere weitergeht, ob der Unterweltbaron tatsächlich ein Ehrenmann ist oder aber ein schlechter Autofahrer oder ein brillanter Aufschneider oder vielleicht ein brandgefährlicher Halsabschneider – das erfahren Sie in genau zwei Wochen, genau an dieser Stelle! Bleiben Sie dran!

CORINNA STEGEMANN über MÄRCHEN

Erfolg in Wien? kolumne@taz.de Montag: Martin Unfried hat ÖKOSEX