Umfassende Kontrollen

Hamburger Wahlkampf: Was unter „Sicherheit“ verstanden wird, klafft bei den Parteien weit auseinander. Die kleinen kritisieren die staatliche Überwachung, CDU und SPD setzen auf die Polizei

VON ELKE SPANNER

Als der CDU-Senat im Herbst überstürzt ein Konzept gegen Jugendkriminalität präsentierte, sah es noch so aus, als könnte das Thema „Innere Sicherheit“ erneut zum zentralen Aspekt des Bürgerschaftswahlkampfs werden. Seit Roland Koch die Hessen-Wahl mit seiner „Krimininelle Ausländer“-Kampagne verlor, ist das Thema jedoch in den Hintergrund gerückt. Auf den Wahlplakaten der fünf aussichtsreichsten Parteien taucht es nicht auf.

Deren Sicherheitskonzepte sind schon im Ansatz höchst unterschiedlich. GAL und Linkspartei betrachten das Phänomen der Kriminalität von den Ursachen aus, so dass ihre Lösungsvorschläge eher in die Rubrik „Soziales und Bildung“ gehören. Die GAL hält es für das Wichtigste, die soziale Spaltung der Stadt zu überwinden. Außerdem müsse die Resozialisierung von Straftätern mehr Gewicht bekommen und die von der CDU-Regierung zerschlagene Sozialtherapie wieder aufgebaut werden. Grundsätzlich sei das Verhältnis von Freiheit und Sicherheit aus dem Lot geraten, was sich an der Videoüberwachung zeige.

Auch die Linke will eine Neuorientierung der Sicherheitspolitik. Die Bürger würden mittlerweile nicht mehr nur im Falle eines nachgewiesenen Gesetzesverstoßes bestraft, sondern präventiv umfassend kontrolliert. Dabei werde immer massiver auf die Privatsphäre zugegriffen. Die Kriminalität von Jugendlichen erklärt auch die Linke vor allem mit Perspektivlosigkeit und sozialer Deklassierung.

Der CDU geht es bei der Sicherheit um ganz andere Dinge. So fordern die Christdemokraten die „konsequente Abschiebung von ausländischen Straftätern und gewaltbereiten Islamisten“. Die Videoüberwachung öffentlicher Plätze soll ausgebaut, die Rauschgiftkriminalität wie bisher bekämpft werden. Die CDU verweist darauf, dass sie das geschlossene Heim für Jugendliche eingeführt, auf dem Kiez ein Messerverbot verhängt und 800 neue Gefängniszellen gebaut hat.

Die FDP bezeichnet sich selbst als die „Stimme der Freiheit“ und fordert mehr Bürgerrechte. Statt mehr Videokameras aufzuhängen, sollten mehr Polizisten auf die Straße geschickt werden. Die Jugendkriminalität wollen die Liberalen durch die Beschleunigung von Jugendgerichtsverfahren bekämpfen. Nur so hätten diese eine pädagogische Wirkung. Um Gewalt vorzubeugen, will die FDP mehr Schulsport anbieten.

Die SPD verficht ein Sowohl-als-auch. Verbrechen müssten konsequent bekämpft werden, ohne den Blick auf die sozialen Ursachen zu vernachlässigen. Ihr Programm führt allerdings überwiegend Maßnahmen von Polizei und Justiz auf. So will die SPD mehr Polizisten einstellen, jugendliche Straftäter sollen umgehend abgeurteilt werden und es soll eine „Entwaffnungsstrategie“ entwickelt werden. Weiter fordert die SPD Anti-Gewalt-Trainings für Jugendliche, eine milieuferne geschlossene Unterbringung für „schwerkriminelle Minderjährige“ sowie mehr Sozialtherapie und Resozialisierung.