Die CDU ist wahrer Luxus

Analyse nach der Hamburg-Wahl: Wähler unterscheiden zwischen Bürgerschafts- und anderen Wahlen. Stadtteil-Ergebnisse abhängig von sozialer Mischung. Wahlbeteiligung historisch niedrig

VON ELKE SPANNER

Wer in Hamburg welche Partei gewählt hat, zeigt sich deutlich am Beispiel der Hafencity: In dem neuen Vorzeige-Stadtteil an der Elbe, in dem Mieten bis zu 20 Euro pro Quadratmeter gezahlt werden, erhielt die CDU 61,6 Prozent, die Linkspartei 0,4. In anderen Vierteln fällt die Bilanz zwar nicht ganz so eindeutig aus. Klar zu erkennen aber ist: In wohlhabenderen Stadtteilen erzielt die CDU überdurchschnittliche Ergebnisse um die 55 Prozent. Die Treue aufgekündigt haben ihr gegenüber der vorigen Wahl 2004 eher die Wähler in den sozial schwächeren Quartieren: Dort verlor die Union sechs bis sieben Prozentpunkte. In den selben Vierteln kam die erstmals angetretene Linke auf teilweise über zehn Prozent.

Dass der soziale Status ein wesentliches Kriterium der Wahlentscheidung ist, zeigt sich auch am Abschneiden der SPD: In Vierteln mit einem hohen Anteil an Arbeitslosen und Geringverdienern lag ihr Anteil bei rund 40 Prozent, in Stadtteilen mit geringem Anteil von Hartz-IV-Klientel kam sie lediglich auf 24,3 Prozent.

Die Hamburger Grün-Alternative Liste (GAL) erzielt ihre besten Ergebnisse traditionell unter Wählern mit niedrigem Einkommens-, aber hohem Bildungsniveau. In diesem Milieu konnte die GAL am Sonntag mehr als elf Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Bei geringem Schulbildungsniveau hingegen sinkt die Zustimmung auf nur noch sieben Prozent. Auffallend sind die Stimmenverschiebungen in den ursprünglichen Hochburgen: Wo die Grünen 2004 noch 30,8 Prozent erhalten hatten, verloren sie mit 11,1 Prozentpunkten weit überdurchschnittlich. Die Gewinner in diesen Stadtteilen sind die SPD (plus 7,9) und die Linke (plus 11,4).

Die Wahlbeteiligung lag mit 63,6 Prozent immerhin 5,1 Prozentpunkte unter dem letzten Mal. 69.900 Wähler weniger als 2004 haben es am Sonntag an die Urne geschafft. In den nächsten Tagen wird noch zu analysieren sein, inwieweit das auf das neue, kompliziertere Hamburger Wahlrecht zurückzuführen ist. Im Vorfeld war befürchtet worden, dass es viele Wähler abhalten würde. Tatsächlich sind in Hamburg noch nie weniger Menschen zur Stimmabgabe gegangen: Der Negativrekord aus dem Jahr 1991 wurde um 2,5 Prozentpunkte unterschritten.

Entgegen vorher geäußerten Befürchtungen hielt sich die Zahl der ungültigen Wahlzettel in Grenzen. „Ich habe oft gehört, dass die Leute verunsichert waren wegen des neuen Wahlrechts“, sagte am Montag auch Bürgermeister Ole von Beust (CDU). Dennoch konnte nur ein Prozent der Stimmzettel nicht gewertet werden.

Wer dennoch seine Stimme gültig abgab, erwies sich als mobil: Hamburgs Landeswahlleiter Willi Beiß zufolge steht ein großer Teil der Berechtigten bei den einzelnen Wahlgängen vor der Frage, ob er sich überhaupt beteiligt und – falls ja – für welche Partei er votiert. Offensichtlich ist, dass die Wähler deutlich zwischen Landes- und Bundeswahlen differenzieren und bereit sind, ihr Kreuzchen unterschiedlichen Parteien zu geben. So hat die CDU gegenüber ihrem Hamburger Ausnahmeergebnis aus dem Jahr 2004 zwar 58.000 Stimmen verloren. Gleichzeitig erhielt sie fast 60.000 Stimmen mehr als bei der letzten Bundestagswahl 2005. Die SPD wiederum erhielt am vergangenen Sonntag 14.000 Stimmen mehr als 2004 – aber 100.000 weniger als bei der letzten Bundestagswahl. Die Grünen, die gegenüber 2004 etwa 26.500 Stimmen verloren, haben nur rund die Hälfte der Stimmen bekommen, die sie bei der Bundestagswahl bekamen. Und die Linke konnte zwar diesmal 50.200 Stimmen für sich verbuchen. Das waren aber knapp 10.000 weniger als bei der Bundestagswahl 2005.