Linke klagt wegen Kosovo-Anerkennung

Fraktion zieht vors Verfassungsgericht: Bund müsste KFOR-Soldaten abziehen – und Abspaltung sei völkerrechtswidrig

FREIBURG taz ■ Die Linksfraktion im Bundestag will beim Bundesverfassungsgericht gegen die deutsche Kosovo-Politik klagen. Dies kündigten gestern Fraktionschef Gregor Gysi und der Abgeordnete Norman Paech, ein Völkerrechts-Professor, an. Die Klage soll in den kommenden Monaten ausgearbeitet und eingereicht werden.

Ansatzpunkt dieser Organklage ist die Beteiligung von Bundeswehr-Soldaten an der KFOR-Truppe der Nato. Die deutschen Soldaten sollen zurückgezogen werden, nachdem das Kosovo Mitte Februar einseitig seine Unabhängigkeit von Serbien erklärt hat, argumentiert die Linke. Andernfalls würden Rechte des Bundestags verletzt.

„Diese Unabhängigkeitserklärung war völkerrechtlich illegal“, sagte Paech am Mittwoch der taz. „Es gibt kein Recht auf Sezession.“ Für Paech hat sich jetzt der Charakter der KFOR-Mission völlig verändert: „Zunächst ging es um die Stabilisierung einer einvernehmlichen Statuslösung, diese Grundlage hat Kosovo einseitig aufgekündigt.“ Die UNO-Resolution 1244, die bisher als Grundlage der KFOR-Truppe galt, greife nun nicht mehr. „Auch das bisherige Bundestags-Mandat für die deutschen Soldaten in der KFOR-Truppe ist überholt“, so Paech. „Die deutschen Soldaten sind jetzt ohne Mandat, also rechtswidrig, dort.“

Der Linken geht es aber nicht nur um die Soldaten, sondern vor allem um die deutsche Anerkennung des Kosovo, die in diesem Rechtsstreit implizit geprüft werden kann. Die Bundesregierung hatte schon drei Tage nach der Unabhängigkeitserklärung des Kosovo beschlossen, das neue Gebilde als Staat anzuerkennen. „Damit hat die Regierung eine völkerrechtswidrige Abspaltung anerkannt“, kritisiert Völkerrechtler Paech.

Gegen die Anerkennung kann die Linke nicht direkt klagen, weil solche außenpolitischen Akte traditionell Aufgabe der Regierung sind, sie muss dabei den Bundestag nicht um Erlaubnis fragen. Paech hofft aber, dass das Bundesverfassungsgericht im Streit um die KFOR-Soldaten ausführlich auf die rechtliche Lage im Kosovo eingehen wird.

Völkerrechtlich ist die Argumentation der Linken plausibel. Auch der langjährige Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Völkerrecht, Michael Bothe, argumentierte jüngst im taz-Interview ganz ähnlich. Dennoch dürfte die Klage wenig Aussichten auf Erfolg haben. Meist gibt das Verfassungsgericht der Regierung in außenpolitischen Fragen einen weiten Einschätzungsspielraum. Die Linke will ihre Klage noch vor dem Sommer in Karlsruhe einreichen, denn dann muss der Bundestag turnusgemäß über ein neues Mandat für die KFOR-Soldaten beschließen. CHRISTIAN RATH