Biodeutsche blühen auf

Trendthema Klima auf der ITB: Auch die großen Reiseveranstalter bieten einen Klima-Ablasshandel. Alternative Anbieter finden das zweischneidig

von EDITH KRESTA
und SUSANNE STORATH

Die Welttourismusorganisation (UNWTO) gab die Leitlinien vor: Die Reisebranche solle das Klima schützen und die Armut bekämpfen. Der Klimawandel sei eine der größten Herausforderungen, sagte der stellvertretende UNWTO-Generalsekretär Geoffrey Lipman auf der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin (ITB). Er zeigte sich überzeugt, dass alle Beteiligten in der Reisebranche bald konkrete Maßnahmen unterstützen würden.

Der Klimaschutz ist auch dieses Jahr das Trendthema auf der ITB, zu dem sich die Reiseveranstalter verhalten müssen. Der Reisekonzern TUI bietet seit November bei TUIfly eine freiwillige Ablasszahlung für CO2-Emissionen an. Konkurrent Thomas Cook startet am 10. März mit der Klimaschutzorganisation atmosfair eine „freiwillige Klimaschutzspende“ für Reisende. Kunden sollen bei Cook – dazu gehören auch Neckermann und Bucher Last Minute – bei der Buchung einer Flugpauschalreise selbst entscheiden, ob sie für ausgewählte Projekte zur Vermeidung klimaschädlicher Gase spenden möchten.

Für atmosfair-Geschäftsführer Dietrich Brockhagen hält der Klimaschutz damit „Einzug in deutsche Reisebüros, konkret und zeitgemäß“, wie er in einer gemeinsamen Erklärung mit Thomas Cook betonte. Die Organisation hat sich dem Klimaschutz verschrieben und bietet Passagieren freiwillige Ausgleichszahlungen für die von ihnen verursachten Klimagase an. Das Geld wird unter anderem in Solar-, Wasserkraft-, Biomasse- oder Energiesparprojekte investiert, um damit Treibhausgase einzusparen. Allerdings schränkt atmosfair ein: Zwar könne damit die Menge klimaschädlicher Gase, die durchs Fliegen entstehen, an anderer Stelle vermieden werden. Doch: Der Schaden, der für die Umwelt aus einem Flug entstehe, lasse sich nicht ungeschehen machen – „genauso wenig, wie eine Plombe einen kranken Zahn heilen kann“, so atmosfair.

Das Forum „anders reisen“ (far), in dem 150 Anbieter zusammengeschlossen sind, bietet diese freiwillige Abgabe ihren Kunden schon lange. Far-Geschäftsführer Rolf Pfeifer findet die Aktion der Großen zweischneidig. Positiv sei, dass das Thema Klima den Kunden nun bei jeder Buchung bewusst gemacht werde. Aber: „Kompensationsmodelle dürfen nicht zu einem Marketinginstrument und zur bloßen Gewissensberuhigung verkommen.“ Auch der Musterknabe der Reisebranche, Studiosus, prüft eine Klimaschutzabgabe. Allerdings, so Studiosus-Manager Hans Dieter Lohneis, sei man nicht sicher, wo das Geld lande und ob nicht zu viel im bürokratischen Aufwand hängen bleibe.

Klimaschutz – nur ein Thema für den deutschen Markt und die Biodeutschen? Bei Nachfragen auf der ITB an den Ständen aus aller Welt konnten die wenigsten Messeteilnehmer damit etwas anfangen. „Die Airlines in Indien sind froh, wenn die Leute überhaupt das Geld haben, zu fliegen“, sagt Air-India-Manager K.V. Kunjappan. Die Airline des Golfanrainers Katar, Qatar Airways, hingegen forscht am ersten Erdgasflugzeug. Mit dem Bau soll 2009 begonnen werden.

Die Messe in den Berliner Messehallen am Funkturm (S-Bahn Messe Nord/ICC) ist am Samstag und Sonntag auch für Nichtfachbesucher geöffnet