Nicht gefesselt, nicht geknebelt

Der Deutsche Werberat rügt einen Möbelhändler wegen frauenfeindlicher Werbung. Dieser sieht darin „eine Farce“

Zweifelhafte Berühmtheit für den Möbelladen „Sozialer Wohnungsbau“ in der Neustadt: Der Deutsche Werberat, das Selbstkontrollorgan der deutschen Werbewirtschaft, hat das Unternehmen wegen frauenfeindlicher Werbung im Jahr 2007 öffentlich gerügt. Das teilte der Werberat gestern in Berlin mit. Die öffentliche Rüge ist die höchste Sanktionsform des Werberats, sie wurde im vergangenen Jahr bei 269 Beschwerden nur dreimal ausgesprochen.

Die gerügte Werbeanzeige des Unternehmens zeigte eine junge Frau, deren Rock so ausgeschnitten war, dass durch ein Loch der Schambereich sichtbar war. Über dem Motiv stand „wenn etwas fehlt“. Der Werberat ist der Auffassung, dass der Frauen verachtende Gehalt dieser Abbildung die Grenzen des Geschmacks weit überschreite. Auch der Text sei „keineswegs humorvoll“, sondern unterstreiche die sexistische Motivation der Anzeige.

Laut Werberat werde ein Unternehmen nur gerügt, wenn es sich gegenüber einer rügefähigen Beschwerde uneinsichtig zeige. Da der Möbelhändler nicht auf eine erneute Publizierung der Anzeige habe verzichten wollen, sei er gerügt worden. Marco Heubach, einer der Inhaber von „Sozialer Wohnungsbau“, will einer Mitarbeiterin des Werberats versichert haben, die Werbung nicht weiter zu verwenden.

Dass er nun trotzdem gerügt wurde, wunderte Heubach, der das Verfahren des Werberats ohnehin scharf kritisiert: Er sei lediglich angerufen worden, schriftlich habe er nie etwas bekommen. Heubach sagte, der Werberat habe seinerzeit ihm gegenüber von einer „menschenverachtenden Werbung“ gesprochen. Diesem Vorwurf könne er nicht folgen: „Menschenverachtend ist etwas anderes, zum Beispiel, dass es so viele Obdachlose gibt. Das Model ist eine über 18-jährige Frau, die sich selbständig hat ablichten lassen. Sie wurde ja nicht gefesselt und geknebelt für das Foto.“

Ob er notfalls auch zu einer derartigen Zwangsmaßnahme gegriffen hätte, ließ sich gestern nicht erörtern. Fest steht, dass Heubach in der Rüge „eine Farce“ sieht: „‚Sex sells‘ ist doch fast eine Lebensweisheit. Dann müsste ja jede Bild-Zeitung verboten werden.“ Und ein kleines Unternehmen im Haifischbecken Kapitalismus müsse nun einmal zu ungewöhnlichen Maßnahmen greifen, um Aufmerksamkeit zu erzielen. FEZ