Leere Pisten im Schneeparadies

Gut ein Jahr nach Eröffnung fehlt es dem „Snow Funpark“ im mecklenburgischen Wittenburg an Besuchern. Dem „Snow Dome“ im niedersächsischen Bispingen geht es besser – das liegt weniger am besseren Konzept als an der günstigeren Lage

Mit 30.000 Quadratmetern Schneefläche und 330 Metern Pistenlänge ist der „Snow Funpark“ an der A 24 die größte Skihalle Europas. Rund 75 Millionen investierte der Unternehmer Hans-Gerd Hanel, der in Hamburg eine Firma für Kälte-, Klima- und Verfahrenstechnik besitzt, in das Projekt. Nachdem sich der Bau wegen Finanzierungsproblemen immer wieder verzögert hatte, eröffnete der „Snow Funpark“ im Dezember 2006 nach nur acht Monaten Bauzeit. Mit einem großen Erlebnisgastronomiebereich sowie angeschlossenem Hotelkomplex wollten die Investoren den Landkreis Ludwigslust zum Touristenziel machen. Gutachter bescheinigten der Skihalle vor Baubeginn ein zu erwartendes Besuchervolumen von über einer Million Gästen. Der damalige Wirtschaftsminister des des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Otto Ebnet (SPD), sah das Projekt deshalb als förderungswürdig an und bezuschusste den Bau mit 16,1 Millionen Euro. ALW

von ANNA-LENA WOLFF

Als größte Indoor-Skihalle Europas sollte er Touristen ins mecklenburgische Wittenburg locken. Doch statt der erwarteten 730.000 Besucher kamen nach der Eröffnung im Dezember 2006 im ersten Jahr 638.000 in den „Snow Funpark“. 48 der 272 Mitarbeiter sollen dort nun entlassen werden. Der Betrieb wird bis zum Beginn der Wintersaison, das ist am 1. November, an zwei Tagen pro Woche eingestellt. Sessellift, Förderbänder und Ankerlift, die bei hohem Besucherandrang Warteschlangen verhindern sollten, stehen dann still. Ein Sommerloch, wie die Betreiber versichern.

„Für 200 Besucher am Tag lohnt es sich einfach nicht, die ganze Anlage in Betrieb halten“, sagt Stefan Ulbrich, Marketingchef des „Snow Funpark“. Seine Stimme klingt gelassen. Die Entlassungen seien „eine reine Vorsichtsmaßnahme“, um plötzliche Kündigungen zu vermeiden. Auch handele es sich in lediglich 12 Fällen um Festangestellte. „Es wird polarisiert, als handele es sich um eine ganz große Geschichte“, sagt Ulbrich. „Dabei ist das in anderen Betrieben an der Ostsee ganz normal: Zur Saison werden die Leute eingestellt und danach wieder rausgeworfen.“

Mit Saisonarbeitsplätzen hatte anfangs allerdings niemand kalkuliert. Das Land Mecklenburg-Vorpommern bezuschusste das rund 90 Millionen Euro teure Projekt mit 16,1 Millionen Euro. „Wir haben das Konzept damals eingehend geprüft und für tragfähig befunden“, sagt Gunnar Bauer, Sprecherin des Schweriner Wirtschaftsministeriums. Die Förderung derartiger Unternehmen sei an die Bedingung geknüpft, mindestens 180 Dauerarbeitsplätze zu schaffen. Da der „Snow Funpark“ rund 300 neue Beschäftigungsverhältnisse versprach, habe man entsprechend investiert.

Inzwischen überprüft der Landesrechnungshof, ob das millionenschwere Projekt zu Recht vom Land gefördert wurde: Die Förderrichtlinien besagen, dass nur Projekte in bereits bestehenden touristischen Zentren gefördert werden dürfen. Eine derartige Einstufung Wittenburgs ist jedoch fraglich: Auch eineinhalb Jahre nach der Eröffnung des „Snow Funpark“ ist die westmecklenburgische Kleinstadt kaum bekannter geworden.

Den Grund für die Besucherkrise sieht Henning Rohlf vom Verband Hamburger Skivereine im „Snow Dome“ im niedersächsischen Bispingen: Der hatte zwei Monate vor der Halle in Wittenburg eröffnet. „Der Einzugbereich ist einfach nicht groß genug“, sagt Rohlf. Der Verband habe „den Bau von zwei Skihallen in der Region von Anfang an als problematisch empfunden“.

Die Bispinger Skihalle ist kleiner, aber recht erfolgreich – bereits im ersten Jahr kamen nach Angeben der Betreiber mit 480.000 weit mehr als die erwarteten 365.000 Besucher. Mit Kosten von rund 40 Millionen Euro – davon etwa 6,5 Millionen Euro Fördergelder des Landes Niedersachsen – war der „Snow Dome“ außerdem günstiger als der „Snow Funpark“. Von verschleuderten Fördergeldern spricht hier daher auch niemand.

Dass die beiden Kunstschnee-Tempel sich die Besucher streitig machen, will keiner der Betreiber bestätigen. „Die beiden Skihallen nehmen sich nichts weg“, sagt Ulbrich. „Wenn Wittenburg leer ist, ist auch Bispingen leer.“ Die Anlage habe nach einem Jahr Betriebszeit nicht genügend „Winterspeck“ angesetzt, um die Nebensaison zu überstehen.

Die Skihalle in Bispingen, die ebenfalls erst etwas mehr als ein Jahr in Betrieb ist, muss keine umsatzbedingten Kündigungen vornehmen, obwohl man auch hier die Schwierigkeiten der Sommermonaten kennt: „Es muss eben jeder seine Hausaufgaben machen“, sagt „Snow Dome“-Sprecher Axel Annink. In Bispingen hat man die Öffnungszeiten verkürzt und versucht mit zusätzlichen Event-Angeboten auch Nicht-Skifahrer anzulocken.

Vermutlich ist es aber gar nicht die vorausschauende Planung, sondern vielmehr die Lage im Städtedreieck Hamburg–Bremen–Hannover, die der Skihalle in Bispingen den entscheidenden Vorteil beschert: Die Ski- und Snowboardfahrer aus Hamburg fahren lieber ins 60 Kilometer entfernte Bispingen, als 80 Kilometer bis nach Wittenburg. Für Skiläufer aus Bremen und Hannover lohnt sich die Fahrt nach Mecklenburg erst recht nicht. Und hatte der „Snow Funpark“ ursprünglich auf Kundschaft aus Berlin gesetzt: Auch die bleibt aus.

Generell ihre Probleme mit der Zunahme von Indoor-Skiangeboten hat Andrea Händel vom Deutschen Alpenverein: Gerade in Zeiten des Klimawandels sei der hohe Energiebedarf der Schneekanonen problematisch. Wenn die Skihallen nicht entsprechend ausgelastet seien, würden die laufenden Betriebskosten die Einnahmen schnell übersteigen. Sind die Probleme in Wittenburg dauerhafter Art oder nur ein Sommerphänomen? Das dürfte spätestens die nächste Wintersaison zeigen.