Grenze zu für Kritiker

Sechs Deutsche wollten gegen den Nato-Gipfel protestieren, aber Rumänien lässt sie nicht einreisen

BERLIN taz ■ Eigentlich wollten sie in Bukarest gegen die Nato protestieren. Jetzt müssen sie sich in Deutschland mit einem Anwalt beraten. Zweimal versuchten sechs deutsche Nato-Kritiker seit Freitag letzter Woche, nach Rumänien einzureisen. Beide Male wurden sie stundenlang gefilzt und schließlich ohne Begründung zurückgewiesen. Ein Sprecher der rumänischen Botschaft bestätigte dies der taz – und sagte auch, dass sein Land weiteren Nato-Kritikern die Einreise verweigern könnte.

In der rumänischen Hauptstadt Bukarest treffen sich vom 2. bis 4. April die 26 Staats- und Regierungschefs der Nato-Staaten. Die sechs deutschen Nato-Kritiker im Alter von 21 bis 35 Jahren wollten an zeitgleichen Gegenveranstaltungen in Bukarest teilnehmen. Sie waren am 10. März mit zwei Autos in Berlin aufgebrochen und bereits in Prag, Bratislava und Belgrad bei friedlichen Informationsveranstaltungen aufgetreten.

Doch ihre Reise endete am Abend des 20. März am Grenzübergang Calafat. „Die rumänischen Beamten hielten uns die ganze Nacht fest. Unsere Autos und das Gepäck wurden durchsucht, zwei Frauen mussten sich Leibesvisitationen unterziehen. Um drei Uhr nachts begannen Geheimdienstleute, uns einzeln zu verhören“, sagte eine Sprecherin der Gruppe der taz.

Gefunden hätten die Grenzer lediglich Nato- und globalisierungskritische Flugblätter, Poster, Anstecker und Aufnäher, etwa mit dem Symbol der Friedenstaube. Und obwohl ihnen rumänische Beamten noch am Morgen des 21. März versichert hätten, dass das Material unbedenklich sei, gegen die Gruppe nichts vorliege und diese nach der Abfertigung einreisen könne, wurde ihnen nach neunzehn Stunden die Einreise schließlich ohne Angabe von Gründen verweigert. Ein erneuter Versuch von vier der sechs Deutschen, diesmal ohne jegliches Informationsmaterial im Gepäck, scheiterte am 24. März.

Ein Sprecher der rumänischen Botschaft bestätigte den Vorfall vom 20. März. In einem Bericht der Grenzbehörden, den er der taz übermittelte, heißt es, das Informationsmaterial der Deutschen sollte bei „Protestaktionen mit gewalttätigem Potenzial“ verwendet werden. Der Sprecher sagte außerdem, dass Rumänien auch weiteren „Personen, die in einschlägigen Dateien geführt werden“, die Einreise verweigern könnte. Neu oder exklusiv rumänisch ist das allerdings nicht: Auch Deutschland wies während des G-8-Gipfels mehrere Dutzend Globalisierungskritiker an der Grenze ab.

Die sechs deutschen Nato-Gegner sind inzwischen auf dem Heimweg. Ein Anwalt soll für die Mitglieder der Gruppe herausfinden, in welchen rumänischen Dateien ihre Namen auftauchen.

CHRISTIAN SIEPMANN