die taz vor 17 jahren über den irakkrieg und general schwarzkopf als sexsymbol
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Wo bleibt eigentlich die Neue Weltordnung? War uns nicht das Gemetzel am Golf als ihr gerechter und notwendiger Beginn annonciert worden? Hatten nicht Militärs, Politiker und ihre PR-Agenten die nach Ende des Kalten Kriegs endlich greifbare „Jahrhundertchance“ beschworen, mit der jetzt ein für alle Mal eine planetarische Hausordnung installiert werden müsse, selbst für den Preis, daß es ein paar lächerliche zehntausend Iraker das Leben kostet? Wer mit diesen Fragen im Kopf die Nachkriegs-Geschichte studiert, stößt auf unglaubliche Meldungen. In der Kurznachrichtenspalte im Wirtschaftsteil der FAZ etwa auf einen 10-Zeilen-Bericht, nach dem Präsident Bush vor zwei Wochen ein neues Gesetz eingebracht hat, das der amerikanischen Rüstungsindustrie erstmals seit 20 Jahren wieder staatliche Subventionen zubilligt. Das Tollste aber sind die ausführlichen Porträts und Beschreibungen des wahrscheinlich einzigen Gewinners in diesem Krieg: des US-Oberbefehlshabers Schwarzkopf. Das mit einem Stiernacken ausgestattete, kloßartige Mannsbild gilt – man glaubt es kaum – bei US-Frauen mittlerweile als Sex- Symbol. Und nicht nur das. Weil er auf die megageniale Idee kam, nach den wochenlangen Bombardierungen nicht von vorne, über die verminte Küste Kuwaits, sondern seitlich von hinten den finalen Angriff zu starten, wird ihm auch in der seriösen Presse ein IQ von mindestens 170 attestiert. Und neckisch wird berichtet, wie Amerika seinen neuen Super-Intelligenz-Helden feiert – ohne durchblicken zu lassen, daß jeder Schwachkopf mit einer solchen Übermacht an Bombenmaterial diese Schlacht gewonnen hätte. Und daß selbst ein strategischer Säugling beim Eindringen in ein Zimmer durchaus auf die Idee käme, nicht die Wand, sondern die Tür zu benutzen. Daß ein derart lächerlicher Held so über die Maßen verherrlicht wird, ist symptomatisch: Irgendwas muß man feiern, und außer diesem Sieger gibt es weit und breit nichts.

Mathias Bröckers, taz, 4. 4. 1991