Dieser Jurypräsident versteckt sich gern

Sean Penn, 47, hat schon Polizisten, coole Typen, Todeskandidaten und den Ehemann von Madonna gespielt – Letzteres sogar im richtigen Leben. Nun ist er Vorsitzender der Jury beim Filmfestival in Cannes F.: REUTERS

Große Filmfestivals wie jenes, das jetzt gerade von Cannes aus Bilder für die Weltpresse produziert, sind in erster Linie ein Rahmenprogramm für „photo ops“. Auf dem roten Teppich und nach der Pressekonferenz – immer lächeln die Stars pflichtbewusst in die Kameras. Nur Sean Penn nicht. Der amerikanische Schauspieler und Regisseur, in diesem Jahr Präsident der Jury, betritt den Festivalpalast durch einen Seiteneingang und lässt sich nur widerwillig fotografieren. Er kann sich das leisten, die Verweigerung gehört zu seiner Star-Persönlichkeit genauso wie ein Sex-Appeal, der manchmal mit Verwahrlosung kokettiert.

Sean Penn legt eben Wert darauf, die richtigen Prioritäten zu setzen. So ist er zwar Schauspieler, aber kein Strahlemann. Lieber noch ist er Regisseur, allerdings nur alle paar Jahre, und dann ist es immer ein gewichtiger Film: „Indian Runner“, „The Crossing Guard“. Außerdem ist er politischer Aktivist mit einer Neigung zu kontroversen Positionen. Als 2001 das World Trade Center einstürzte, drehten zehn Regisseure aus aller Welt einen Episodenfilm. Sean Penn steuerte den Beitrag aus den USA bei, eine eigenwillige Meditation über den Tod und das Licht, das hinter den Türmen zum Vorschein kommt. Man muss nicht, aber man kann da natürlich eine ganze Menge hineinlesen über den Kapitalismus und die Architektur der Macht.

1974, im Alter von 14 Jahren, trat Sean Penn zum ersten Mal vor die Kamera. In der Fernsehserie „A Little House in the Prairie“ spielte er einen Jungen. 1988 hatte er seinen Durchbruch als erwachsener Schauspieler in der Rolle des Officer Danny McGavin in Dennis Hoppers „Colors“. Es folgten große Auftritte in „Carlito’s Way“, „Dead Man Walking“, „The Thin Red Line“, „Mystic River“ und auch der eine oder andere peinliche Moment („21 Grams“). Für die Öffentlichkeit war er spätestens nach einer stürmischen Ehe mit Madonna in den Achtzigerjahren als „zorniger junger Mann“ abgestempelt. Das Paar scheiterte an unterschiedlichen Vorstellungen von Karriere und Ruhm. 1996 heiratete Sean Penn die Kollegin Robin Wright, 2008 reichte das Paar die Scheidung ein, überlegte sich die Sache aber wieder.

Seine Neigung zum Rückzug brachte Sean Penn nicht nur in der Wahl seines Wohnsitzes zum Ausdruck (er lebt in Marin Country in Kalifornien, auf Sicherheitsabstand zu Hollywood), sondern auch in seiner jüngsten Regiearbeit: „Into the Wild“ erzählt von einem Aussteiger, der in Alaska verhungerte. Autobiografische Faszination streitet Penn da gar nicht ab: „Ich wollte nur Filme drehen und mich verstecken.“ Derzeit versteckt er sich beim wichtigsten Filmfestival der Welt, in Cannes. BERT REBHANDL