Ja, schade

Ein Abend unter dem Stern der Sympathie, aber nicht unbedingt unter dem Stern der Erleuchtung: Die Bands Britta, Mondo Fumatore und Ja, Panik aus Wien beim letzten fußballfreien Konzertabend im Lido

Drei Bands, ein Familienabend. Das Lido hatte zu einem letzten fußballfreien Konzertabend geladen und präsentierte mit Britta und Mondo Fumatore zwei Berliner Halbinstitutionen und mit der Band Ja, Panik aus Wien die nötige Auffrischung aus Österreich. Um es vorwegzunehmen: Der Abend stand unter dem Stern der Sympathie, unter dem Stern der Familie, aber nicht unbedingt unter dem Stern der Erleuchtung. Als ob man es geahnt hätte, ist das Publikum, das keine Gästelistenplätze hatte, dann auch weitgehend fortgeblieben. Erst als es draußen etwas abkühlte, wurde das lauschige Plätzchen an der Spree oder vor dem San Remo nach und nach gegen das Herumstehen im leicht erhitzten Lido getauscht.

So begann es auch spät. Um 22.15 Uhr betraten Britta die Bühne. Britta, das sind im Wesentlichen taz- und Buchautorin Christiane Rösinger nebst Julie Miess und wechselnden Gästen. Neben Barbara Wagner, die schon länger bei Britta Gitarre spielt, waren das diesmal Jens Friebe am Schlagzeug und Andreas Spechtl von Ja, Panik, die ja für den Abschluss dieses lauschigen Abends sorgen sollten, an der Gitarre. Britta konnten sich natürlich wohlfühlen so vor heimischem und aus Bekannten und Sympathisanten bestehendem Publikum. Ihre Musik aber, sagen wir mal so, ist inzwischen zu einer eher ehrenrührigen Angelegenheit geworden. Viel Geschrammel, gekonnte Unkunst, und ein äußerst gelangweilt trommelnder Friebe. Rösinger ließ es sich nicht nehmen, ihr kleines Set mit zwei Klassikern aus seligen Lassie-Singers-Tagen abzuschließen: „Ein Faible für Idioten“ und „Liebe wird überbewertet“.

Eine relativ unnötige, aber immer grundsympathische Angelegenheit sind auch Mondo Fumatore. Die haben sich nach einer elektronisch orientierten Phase jetzt für Rockverstärkung entschieden und Christopher Uhe (von weiland Sharon Stoned) sowie Drummer O-Love (von weiland Hip Young Things) ins Boot geholt. Das half, um einen merklich satteren Sound hinzukriegen und schön auf die Tube zu drücken. Gegen das bekannte Mondo-Fumatore-Problem half es nicht. Die Band von Mondomarc und Gwendolin wird immer darunter leiden, nett zu sein, spaßig, nach vorne, mit immer wieder hübschen Momenten und Einfällen, aber im Grunde eben doch unerheblich zu sein. Vielleicht liegt es an den englischen Texten, die mit halb schlimmem Akzent gesungen werden? Oder daran, dass die Stimmlagen der beiden nicht für außergewöhnliche Melodielinien reichen? Mit ihren eher limitierten Mitteln, so viel kann man sagen, versuchen sie allerdings das Beste. Zuweilen gelingt ihnen wie mit „Los Santos“ auch mal ein Ohrwurm.

Es ging schon auf ein Uhr zu, als Ja, Panik aus Wien endlich die Bühne betraten. Ja, Panik machen ungefähr das, was man früher „Studentenmusik“ genannt hätte. Fünf Schlaumeier mit ungelenker Haltung üben sich in komplizierter, betont nicht eingängig sein wollender Musik. Die Apokalypse hat Wien erreicht, Diskursrock kann jetzt auch von der Donau stammen, was Ja, Panik allerdings hervorhebt, ist das angenehm Renitente und Rotzige im Gesang und in den Texten Andreas Spechtls. Zu ihrem zweiten Album „The Taste and the Money“ haben die Fünf ein Manifest formuliert und im Reclam-Look als Heft herausgebracht. „Schneidet die Penisse aus der Pop-Kultur!“ heißt es da unter anderem.

Ja, Panik, kann man sagen, sind voll korrekt unterwegs und wissen auch, wo gerade der Diskurshammer hängt. Sie können sogar Selbstironie. Und Lieder über den Absturz und das Angepisstsein, auch der Liebe wegen. Musik aus schlechter Laune, die gute Laune macht. Auch das ist alles vielleicht nicht mehr als sympathisch. Schlecht ist es aber nicht. RENÉ HAMANN