Die Engagierte

Es gibt sie längst auch in Polen, die Homofamilien mit Kindern. Meist sind es Lesben, die die biologischen Kinder einer der beiden gemeinsam aufziehen. Das gesellschaftliche Tabu brach vor kurzem das linksliberale Nachrichtenmagazin Polityka und berichtete über „lesmamy“, lesbische Mütter in Polen. Auf dem Titelblatt waren zwei sympathische junge Frauen zu sehen, die eine davon schwanger.

Kinderwunsch? Ja, klar!

Auch Patrycia Kulka, Koordinatorin von Fortbildungsseminaren der Kampagne gegen Homophobie, möchte gerne eine Familie gründen. „Ich würde die Kinder bekommen. Auch der Samenspender steht schon fest. Jetzt überlegen meine Partnerin und ich nur noch, wann der beste Zeitpunkt für das erste Kind wäre.“ Die zierliche junge Frau mit den rotblonden Locken lächelt verhalten und zieht das Glas Orangensaft näher zu sich heran.

Im Warschauer Internetcafé Chlodna 52 kennt man die 31-Jährige. Sie kommt oft hierher. „Für meine Mutter würde das sicher auch eine Menge ändern. Sie wünscht sich so sehr Enkelkinder. Als ihr klar wurde, dass ich lesbisch bin, war das für sie wie ein Weltuntergang.“

Schon in der Schule habe Patrycia gemerkt, dass sie sich mehr für Mädchen als für Jungen interessierte. „Nach der achten Klasse hätte ich offen sagen können: ‚Ja, ich bin lesbisch.‘ Aber Anfang der 90er-Jahre war das in Polen noch ein absolutes Tabu. Man konnte darüber mit niemandem reden.“ Sicher habe es in den größeren Städten Polens immer schon Clubs gegeben, aber nur für Schwule und erst ab 18 Jahren. Organisationen wie Lambda oder die Kampagne gegen Homophobie entstanden erst Mitte der 90er-Jahre. Auch der Zugang zum Internet war noch nicht so verbreitet wie heute. „Ich habe mich als Jugendliche unglaublich einsam gefühlt“, erzählt Patrycia.

„Alle Mädchen, die mir gefielen, schienen sich nur für Jungs zu interessieren. Für mich schien es überhaupt keine Zukunft zu geben. Es war entsetzlich! Ich war so allein.“

Heute sei das völlig anders. „Ich lebe seit einem Jahr mit meiner großen Liebe zusammen“, lächelt die junge Frau. Zwar sei die polnische Gesellschaft noch immer sehr katholisch-traditionalistisch geprägt, aber in den großen Städten des Landes könne man als Lesbe oder Schwuler schon relativ normal seine Leben führen.

Noch während des Psychologie- und Slawistikstudiums habe sie sich in der Kampagne gegen Homophobie (KPH) engagiert. Heute koordiniert sie die KPH-Fortbildungsseminare und Veranstaltungen gegen Diskriminierung. „Wir versuchen zu zeigen, das Schwule und Lesben ganz normale Menschen sind, dass jeder Zehnte, dem wir in Polen auf der Straße begegnen, ein Homosexueller ist.“

Magda habe sie auf einer dieser Veranstaltungen kennengelernt. „Sie hat bei ‚Big Brother‘ mitgemacht und dort ganz offen bekannt, dass sie lesbisch ist. Dadurch wurde sie zu einem Star in der Warschauer Schwulen-und-Lesben-Szene. Als die Staffel zu Ende war, unterstützte sie uns öffentlich. Das war großartig.“

Die Zukunft wird besser

In Polen gibt es derzeit weder Homoehen noch eingetragene Partnerschaften. „Das ist nicht nur für uns ein Problem, sondern wird es auch für unsere Kinder sein“, sagt Kulka. „Denn vor dem Gesetz werde nur ich, die leibliche Mutter, das Sorgerecht haben.“ Aber in Polen habe sich in den letzten Jahren so viel verändert, dass sie optimistisch in die Zukunft sehe. Sie lächelt: „Jakoś to będzie.“ Es wird schon irgendwie werden. GL