Mit Gentechnik gegen den Welthunger

Die Bundesregierung setzt im Kampf gegen Hunger auf industrielle Landwirtschaft. Auch die Gentechnik soll gefördert werden

Die Bundesregierung will den Welthunger mit Gentechnik bekämpfen. Im Bericht zur globalen Ernährungssicherung, den das Bundeskabinett am Mittwoch beschlossen hat, setzt sie vor allem auf Produktionssteigerungen nach dem Vorbild der Grünen Revolution. „Das sind alte Rezepte, die den Hunger nicht besiegt, noch nicht einmal erheblich reduziert haben“, so Reinhild Benning, Agrarreferentin beim BUND.

Angesichts steigender Weltmarktpreise für Nahrungsmittel hatte sich eine Arbeitsgruppe mit Fragen der Welternährungslage auseinandergesetzt. Aus ihrer Sicht sollten sofortige Nahrungsmittelhilfen zur Bekämpfung des Hungers mit einer langfristigen Steigerung der Agrarproduktion einhergehen. Die Hilfe moderner Pflanzentechnologien sei notwendig, und „dazu gehört auch ein verstärkter Dialog zu Chancen und Grenzen einer verantwortungsvollen Nutzung der grünen Gentechnik“, heißt es in ihrem Agrarbericht. Die Bundesregierung will diesen Vorschlag nun beim Europäischen Rat und auf dem G-8-Gipfel in Toyako/Hokkaido einbringen. „Damit setzt sie auf eine Steigerung der Produktion zum Vorteil der deutschen Chemie- und Landmaschinenindustrie“, so Reinhild Benning.

Auch Nicole Piepenbrink, Agrarreferentin bei Misereor, hält nichts von industriellen Produktionsmethoden: „Gentechnik ist keine Lösung gegen Hunger und Armut.“ Bauern könnten bei Genprodukten nicht frei über ihr Saatgut verfügen und gerieten so in Abhängigkeit von Konzernen. Eine vielfältige Anbauweise reagiere weniger empfindlich auf Krankheiten und Schädlinge. Der Einsatz von Pestiziden und Düngemitteln triebe die Bauern in Entwicklungsländern zudem in eine Schuldenspirale. Hingegen erziele eine kleinbäuerliche Landwirtschaft bei hohem Arbeitseinsatz sogar eine höhere Produktivität als kapitalintensive Monokulturen.

„Die Bundesregierung stellt sich mit ihrem Bericht quasi in Opposition zu den Positionen des Weltagrarrats“, so Benning. Der 2002 auf dem Johannesburger Entwicklungsgipfel gegründete Rat fordert eine Abkehr von der Förderung industrieller Monokulturen und Gentechnik. Die Staatschefs wollen mit der Millenniumserklärung von 2000 Hunger und Armut weltweit bis 2015 halbieren. Dieses Ziel werden sie wahrscheinlich nicht erreichen. Doch auf dem Weg dahin brauche es, so der Weltagrarrat, eine Landwirtschaft, die Wasser, Boden und Artenvielfalt erhalte und ausbaue. SONJA FEHR