Der rasante Quereinsteiger

Eilig hatte es Peter Löscher schon immer: Als Bub setzte er auf einem Feldweg angeblich einmal den weißen Ford Cortina seines Vaters in den Graben – zu schnell hatte er die Kurve genommen. Als Student brachte er es in der österreichischen Volleyball-Nationalmannschaft bis zum Kapitän. Inzwischen ist Löscher aus dem beschaulichen Kärntner Bauernort Fellach bei einem der weltgrößten Konzerne gelandet. Aber auch bei Siemens ist er rasant unterwegs: In Windeseile baut er das Unternehmen um.

Dabei ist es höchst ungewöhnlich, dass Löscher überhaupt Platz genommen hat auf dem Chefsessel der Münchner. Nicht, weil er Österreicher ist, sondern, weil er nach Maßgabe der überlieferten Unternehmenskultur kein echter Siemensianer ist. Beinahe alle Vorgänger hatten beim Elektroriesen ihre technische Lehre absolviert und wuchsen in den Konzern hinein. Löscher dagegen ist erst vor ziemlich genau einem Jahr zu Siemens gekommen, er hat noch nicht einmal Ingenieurwissenschaften gelernt, sondern Betriebswirtschaft, das aber immerhin in Wien, in Hongkong und an der Harvard Business School.

Trotzdem waren die Hoffnungen groß bei seinem Amtsantritt. Der Börsenkurs zog an, die Mitarbeiter waren gewogen: „Die Arbeitnehmervertreter haben den Eindruck gewonnen, dass Herr Löscher mit seiner Persönlichkeit in der Lage ist, die Führungskrise bei Siemens zu lösen und den Konzern in ruhigere Wasser zu führen“, meldete die IG Metall, als Löscher am 1. Juli 2007 in einer außerordentlichen Aufsichtsratssitzung zum neuen Vorstandschef gewählt worden war.

Denn Löscher hatte zwar nie ein Unternehmen geleitet, ist aber weltgewandt, zielstrebig und doch bodenständig: Aufgewachsen ist er im Dreiländereck Österreich, Italien, Slowenien, wo die Familie einen Bauernhof und ein Sägewerk hat. Bald hat der junge Mann – ein Frauenschwarm soll er gewesen sein, inzwischen ist er mit einer Spanierin verheiratet und hat drei Kinder – jedoch die Ferne gesucht. Mit zwei Jahren Unternehmensberatung fing seine berufliche Laufbahn an, dann folgten lange Jahre in der Pharmaindustrie. Von Merck wechselte Löscher voriges Jahr zu Siemens. Davor, Ende der 80er-Jahre, war der polyglotte Löscher (Italienisch, Japanisch, Englisch, Französisch, Spanisch) mitbeteiligt am Umbau des Hoechst-Konzerns und dem Ende der Deutschland AG. Ähnlich verkrustet wie Siemens war Hoechst damals – doch Löscher arbeitete nach der Parole „Entfrosten und Entrosten“. Nach zehn Jahren war Hoechst auch dank Löscher zum „LifeScience!“-Unternehmen geworden – und wurde alsbald vom Konkurrenten Aventis aufgekauft. MAX HÄGLER