Wieczorek-Zeul: Petrodollars für Lebensmittel

Erdölländer sollten in Fonds zur Linderung der Nahrungsmittelkrise einzahlen, fordert die Entwicklungsministerin

BERLIN taz ■ Der Ölpreis ist hoch wie noch nie, viele Lebensmittel kosten so viel wie schon lange nicht. Deshalb sollten erdölfördernde Länder jene Staaten unterstützen, die auf Getreideimporte angewiesen sind, sagte Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) am Mittwoch bei der Vorstellung des „Weißbuchs zur Entwicklungspolitik“, fügte aber gleich hinzu: „Ich kann mir vorstellen, dass das bei den betreffenden Ländern ein unterschiedliches Maß an Begeisterung auslöst.“ Ihren Appell für „einen Beitrag zu globaler Solidarität und Armutsbekämpfung“ will sie jedenfalls bei der Herbsttagung von Internationalem Währungsfonds (IWF) und Weltbank wiederholen, denn die Gelder der erdölfördernden Länder sollten ihrer Vorstellung nach in Fonds der Weltbank fließen.

Erst vor wenigen Tagen hatte Weltbank-Präsident Robert Zoellick erklärt, seine Organisation gehe davon aus, dass die Nahrungsmittelpreise schwankungsanfällig und zumindest bis zum Jahr 2012 hoch bleiben würden – das Gleiche gelte für die Energiepreise. Die Preise in beiden Bereichen seien auf einem „gefährlichen Niveau“. Um die Ärmsten der Welt mit Nahrungsmitteln zu versorgen, seien zehn Milliarden Dollar notwendig.

Armin Paasch von der Menschenrechtsorganisation Fian steht dem Appell der Ministerin skeptisch gegenüber. Denn er beurteilt die Maßnahmen von IWF und Weltbank bei der Hungerbekämpfung kritisch: Es gehe nicht nur darum, Saatgut und Düngemittel bereitzustellen, sondern auch um strukturelle Änderungen wie Landverteilung, sagt er. „Außerdem sollte die EU ihre Agrarpolitik ändern.“ Denn auch wenn derzeit wegen der hohen Weltmarktpreise für die meisten Produkte keine Exportsubventionen gezahlt werden: Das Instrument ist noch nicht abgeschafft. Bei sinkenden Preisen könnte die EU den Export erneut unterstützen, was die Lebensmittel auf dem Weltmarkt billiger macht. Das aber, meint Paasch, führe dazu, dass viele Länder, anstatt selbst zu produzieren, importieren – und sich damit von Angebot und schwankenden Preisen abhängig machen.

Ob der Vorschlag Wieczorek-Zeuls Gehör finden wird, steht auf einem anderen Blatt. Saudi-Arabien etwa war im November beim Treffen der Organisation erdölexportierender Länder (Opec) in Riad mit seiner Idee weitgehend allein geblieben, Geld für einen Klimaschutz-Fonds bereitzustellen. 300 Millionen Dollar waren es damals gewesen. CHRISTINE ZEINER