nebensachen aus johannesburg
: Was Namen wie „Doctor“ oder „Nonkululeko“ verraten

Die Namensgebung für Neugeborene ist in der afrikanischen Tradition ein wichtiger Bestandteil der Identität des Kindes. Vornamen reflektieren normalerweise den ethnischen Hintergrund der Familie, die Heimatgegend oder einfach Hoffnungen auf eine erfolgreiche Zukunft des neuen Erdenbürgers. In Südafrika scheuen sich Eltern nicht, Kinder „Schoolgirl“ zu nennen oder „Doctor“. Bei Gesprächen mit Einheimischen im Alltag sind solchen Überraschungen keine Grenzen gesetzt.

Oft kommt nach ungläubigem Staunen die weitere Anrede dann nur zögerlich über die Lippen. Dabei ist der englische Name häufig eine direkte Übersetzung aus den afrikanischen Sprachen, die zwar die umfangreiche Bedeutung, guten Wünsche oder die Umstände während der Geburt widerspiegeln, aber zu ähnlich abenteuerlichen Vornamen wie „Comfort“ und „Patience“ führt. Gott spielt bei der Namensgebung auch eine Rolle, und so begrüßt man „Gloria“, aber auch „Hope“, „Faith“, „Justice“, „Gift“ und „Charity“. Sie nehmen in Restaurants Bestellungen auf, beantworten Telefonanrufe und packen Waren an den Supermarktkassen ein.

Im benachbarten Simbabwe sind die Menschen oft noch wagemutiger bei der Namensgebung: „Lovemore“, „Gladness“ und „Remember“ sind Klassiker, aber kaum vorstellbar sind Menschen mit dem Namen „Loveless“ – doch auch sie gibt es. Selbst „Jealous“ begegnet einem dort mit breitem Lächeln, im Sinne von „Leg‘ die Eifersucht ab“.

Häufig werden gleichzeitig afrikanische und christliche Namen vergeben. Besonders die weißen Bürokraten während des Apartheidsystems in Südafrika wollten für sie lesbare und aussprechbare Namen auf Formularen und Dokumenten abstempeln. Auch die christlichen Kirchen und das Schulsystem bevorzugten „weiße“ Vornamen. Der afrikanische Name trat also an die zweite Stelle und wurde von den Afrikanern nur zu Hause als Anrede benutzt. Doch seit der Befreiung des Landes geht der Trend zu afrikanischen Namen. So machte es auch Verteidigungsminister „Terror“ Lekota, der zwar den Terror bekämpft, aber nun „Mosiua“ als Vornamen trägt.

Manche attraktive Namen wie „Nonkululeko“ („Freiheit“ auf Zulu und Xhosa), klingen melodisch, bereiten ungeübten weißen Zungen bei der Anrede anfangs aber eher Peinlichkeiten. Der Männername Nonkululeko zeigt politisches Bewusstsein und wurde populär während des Anti-Apartheid-Kampfes in Südafrika. Seit der Befreiung ist „Nongqubela“ – mit einem kräftigen Klicklaut – beliebter: In der Xhosa-Sprache bedeutet es „Fortschritt“.

Die Vornamen „Jabulani“ (Happy in Zulu) und „Palesa“ (Flower in Sotho) stehen augenblicklich auf der Hitliste, können aber „Beauty“, „Precious“ und die vielen Glücklichen namens „Lucky“ nicht übertreffen.

Manche Eltern nennen ihre Kinder auch gern nach bewundernswerten Vorbildern. So trägt das Neugeborene eines befreundeten Journalistenpaares den ehrwürdigen Namen „Madiba“, nach dem traditionellen Klan von Expräsident Nelson Mandela. Aber zum Beispiel Mandelas afrikanischer Name „Rolihlahla“ ist eher selten und scheint nicht sehr beliebt zu sein: Auf Xhosa bedeutet der Name so viel wie „die Dinge angehen“, aber auch „sich selbst Probleme schaffen.“ MARTINA SCHWIKOWSKI