Zwei Bischöfe machen sich unbeliebt

Weil orthodoxe Würdenträger in Rumänien an einem griechisch-katholischen Gottesdienst mit Abendmahl teilnahmen, wären sie fast exkommuniziert worden. Dahinter steckt letztlich die faschistische Gleichsetzung von Orthodoxie und Rumänentum

Die Orthodoxie fühlt sich seit 1989 zunehmend in ihrer Stellung bedroht

VON WILLIAM TOTOK

„Und siehe da, der Heilige Geist wurde aus der rumänischen Orthodoxie verbannt und dem Einzug des Ketzertums in das Gebäude der Kirche wurde nun Vorschub geleistet.“ Mit diesen theologisch verklausulierten Worten machte ein Leser einer Bukarester Tageszeitung seinem Unmut Luft, nachdem die Heilige Synode, das oberste Gremium der rumänisch-orthodoxen Kirche, kürzlich den Beschluss fasste, zwei ihrer Bischöfe doch nicht zu exkommunizieren.

Die beiden orthodoxen Würdenträger, Metropolit Corneanu aus Temeswar und Bischof Sofronie aus Großwardein/Oradea hatten nämlich gegen die dogmatischen Vorschriften ihrer Kirche verstoßen. Sie beteiligten sich an Gottesdiensten der als ketzerisch und abtrünnig geltenden griechisch-katholischen Kirche. Vor allem der Temeswarer Metropolit war in den Wochen zuvor die Zielscheibe einer unglaublichen Kampagne, die von klerikal-nationalistischen und orthodox-fundamentalistischen Kreisen angeheizt und von mehreren Zeitungen mitgetragen wurde.

Metropolit Corneanu hatte Ende Mai in Temeswar an der Einweihung einer griechisch-katholischen Kirche als Ehrengast teilgenommen. Während des Gottesdienstes, bei dem auch der Nuntius, der diplomatische Vertreter des Vatikan, zugegen war, hatte er das Abendmahl empfangen. Dies wurde prompt als Apostasie, als Glaubensabfall, abqualifiziert. Fundamentalisten, denen der als liberal geltende Metropolit Corneanu seit langem ein Dorn im Auge ist, forderten sofort den Ausschluss aus dem Priesteramt und aus der rechtgläubigen orthodoxen Kirche. Einige einflussreiche Theologen und Mönche warfen dem für sein ökumenisches Engagement bekannten Erzbischof zudem Verrat an der Orthodoxie und am rumänischen Volk vor.

Die Gleichsetzung von Orthodoxie und Rumänentum geht auf die Theorie eines faschistischen Ideologen aus der Zeit zwischen den Weltkriegen zurück. In den nach der Wende von 1989 entflammten religiösen Grabenkämpfen zwischen Orthodoxen und griechisch-katholischen Christen erhielten solche Auffassungen neuen Auftrieb.

Die orthodoxe Kirche fühlte sich nach 1989 zunehmend in ihrem Anspruch als geistliche Hegemonialmacht bedroht, nachdem die griechisch-katholische Kirche legalisiert worden war. An der Zerschlagung der mit Rom unierten Kirche, die den Papst als ihr Oberhaupt anerkennt, beteiligte sich 1948 auch die Orthodoxie. Mit Hilfe des stalinistischen Regimes jener Jahre sollten die griechisch-katholischen Gläubigen und der Klerus gezwungen werden, der orthodoxen Kirche beizutreten. Wer sich weigerte, riskierte Benachteiligungen, administrative Schikanen und willkürliche Gefängnisstrafen. Alle griechisch-katholischen Bischöfe wurden verhaftet und eingekerkert. Kein einziger folgte jedoch dem Sirenengesang der Behörden, die ihnen hohe kirchliche Ämter und einflussreiche Karrieren in Aussicht stellten, falls sie sich von Rom lossagten und der orthodoxen Kirche beiträten. Die Kirchen wurden enteignet und samt ihrem Besitz den Orthodoxen übergeben.

Die Rückgabeansprüche der Unierten wurden nach der Wende systematisch hintertrieben – auch mit Hilfe dubioser Gesetze, die auf das Konto einer starken proorthodoxen Lobby innerhalb der politischen Klasse zurückzuführen sind. In einigen Ortschaften kam es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Orthodoxen und Unierten, die ihre Gotteshäuser wieder haben wollten. Um den Ansprüchen der Unierten einen Riegel vorzuschieben, wurde in der Ortschaft Ungheni sogar der wahnwitzige Plan entwickelt, das ehemalige griechisch-katholische Gotteshaus buchstäblich einzumauern und in eine neu erbaute orthodoxe Kirche zu integrieren.

Metropolit Corneanu aus Temeswar war der einzige hohe orthodoxe Würdenträger, der nach 1989 einige griechisch-katholische Kirchen ihren rechtmäßigen Besitzern zurückgab. Das löste bereits damals eine Welle des Unmuts aus, der sich in den nachfolgenden Jahren zu einer offenen Feindschaft entwickelte. Corneanu war auch der einzige Hierarch, der sich öffentlich für seine politischen Verfehlungen während des kommunistischen Regimes entschuldigt und seine Tätigkeit als Mitarbeiter des Geheimdienstes Securitate eingestanden hatte.

Der Beschluss der Synode, Corneanu nun doch nicht seiner Ämter zu entheben und aus der Kirche auszuschließen, wird keinesfalls das dogmatische Dilemma lösen, in das sich die Orthodoxie verstrickt hat. Der Kompromiss der Synode, den beiden Sündern noch eine Chance auf Besserung zu gewähren, ist eher auf ein Machtwort des Patriarchen, des Oberhaupts der orthodoxen Kirche, zurückzuführen als auf eine versöhnliche Geste des Kirchengremiums. Der derzeitige Patriarch ist nämlich ein Zögling von Metropolit Corneanu, der ihn nicht nur gefördert, sondern ihm auch den Weg zum Aufstieg in der kirchlichen Hierarchie geebnet hatte.