Deutschlands Dreck-Strom

Die Bundesrepublik ist weltgrößter Braunkohleverstromer. Die Folgen für die Umwelt sind verheerend

Ob Aralsee, Tschernobyl, Seveso oder Bhopal: Die technischen Entwicklungen der letzten 150 Jahre haben Katastrophen unbekannten Ausmaßes hervorgebracht. „Tanz auf dem Vulkan“ heißt eine Fotoausstellung in der Berliner ifa-Galerie, die sich diesen menschgemachten Katastrophen widmet. Bis zum 12. Oktober ist dort auch Henry Fairs Fotoserie „Industrial Scars“ zu sehen. Ein umfangreiches Beiprogramm begleitet die Ausstellung. Die Dokumentarfilme „Gambit“ und „Pripyat“ werden täglich um 15 Uhr und 18 Uhr gezeigt. Heute Abend ab 19 Uhr diskutiert Henry Fair in der Linienstraße 155 mit dem Publikum zum Thema „Die Folgen unseres Konsums“. Der Eintritt ist frei.

Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat es einmal so formuliert: „Ob wir in Brandenburg unsere beiden Kraftwerke Jänschwalde und Schwarze Pumpe schließen, hat auf das Weltklima ungefähr so viel Auswirkungen, als ob in China ein Sack Reis umfällt.“ In Deutschland mussten Politiker schon wegen weit weniger dummer Sprüche zurücktreten: Deutschland ist der weltgrößte Braunkohleverstromer, fast 20 Prozent der weltweit knapp 1 Milliarde Tonnen Braunkohle werden hier aus dem Boden gegraben. Allein in der Brandenburger Lausitz wird mehr Braunkohle gefördert als im gesamten Schwellenland Indien.

Braunkohle ist der mit Abstand klimaschädlichste Energieträger: Nach Berechnungen des Freiburger Öko-Institutes entstehen bei der Verbrennung einer Tonne Braunkohle mehr als 1.100 Tonnen Kohlendioxid. Nicht verwunderlich ist deshalb, dass nach einer Studie der WWF-Umweltstiftung das brandenburgische Kraftwerk Jänschwalde die drittgrößte Kohlendioxidschleuder Europas ist. Die zweitgrößte ist übrigens das Braunkohlekraftwerk Niederaußem in Nordrhein-Westfahlen, in Deutschlands größtem Braunkohleabbaugebiet. Beide Kraftwerke zusammen emittieren so viel Kohlendioxid wie Slowenien, Kroatien und Island insgesamt.

Die Liste der 20 dreckigsten Kraftwerke Europas wird ganz klar von Deutschland angeführt – mit 9 Einträgen, allesamt werden sie mit Braunkohle befeuert. Spanien und Polen bringen es auf 3 Einträge, Griechenland und Großbritannien auf je 2. Das dritte deutsche Braunkohle-Abbaugebiet liegt in Sachsen.

Die Konzerne RWE und Vattenfall sind entschlossen, ihre Klimazerstörung auszuweiten: In Brandenburg laufen die Vorbereitungen für drei neue Tagebaue, im sächsischen Boxberg und im niederrheinischen Neurath werden weitere Braunkohle-Kraftwerksblöcke gebaut.

Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) weist die weltweiten Braunkohlereserven mit über 280 Milliarden Tonnen aus, ein knappes Drittel davon liegt in Russland, 14,4 Prozent in Deutschland und 13,3 Prozent in Australien. In Deutschland würden die Vorräte nach BGR-Angaben bei konstanter Förderung noch für 231 Jahre ausreichen. RENI