Immer mehr PC-Spielsüchtige suchen Hilfe

Bis zu fünf Prozent der Sechs- bis Achtzehnjährigen zeigen krankhafte Symptome. Der Anteil von Mädchen steigt

BERLIN taz ■ Computerspielesucht ist ein ernst zu nehmendes Problem unter Kindern und Jugendlichen. In den vergangenen Jahren haben unterschiedliche Studien dies immer wieder festgestellt. „Zwischen drei und fünf Prozent aller sechs- bis 18-jährigen Deutschen leiden schätzungsweise an krankhafter Spielsucht am PC“, bestätigt Angela Schorr, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Medienwirkungsforschung (DGMF). Mit gut 25 Prozent befänden sich junge Mädchen noch in der Minderheit, doch steige ihr Anteil derzeit schnell an, so die Professorin für Medienpsychologie. Besonders gefährlich seien Onlinerollenspiele. Die Suche nach Gemeinschaft und die stetige Verbesserung beim Spiel trieben die Spieler zunehmend an den Computer.

Die Wissenschaftlerin betont, dass Erfolg oft eine fesselnde Wirkung habe. Ein Phänomen, das motivierend sein könne, solange es nicht zum Zwang werde. Denn dann könnten die Spieler schon mal 50, 60 Stunden pro Woche an ihrem PC zocken und kaum noch Zeit mit Freunden oder Familie verbringen. Die Vernachlässigung von Schule oder Beruf sei eine weitere Folge.

Trotz der wachsenden Zahl von Betroffenen wird die Spielesucht von führenden Gesundheitsinstitutionen wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht als Krankheit anerkannt. Betroffene hätten es deshalb schwer, bei Krankenkassen Gelder für die Behandlung ihrer Sucht zu bekommen, erklärte ein Mitarbeiter der Drogenbeauftragten des Bundesgesundheitsministeriums. Auch das Beratungsangebot für Abhängige sei in Deutschland noch immer sehr gering. Dabei suchen immer mehr Spielsüchtige professionelle Hilfe. „In diesem Jahr kamen schon 170 Personen zum ersten Mal zu uns, um Hilfe zu suchen“, berichtete Michael Janke, Leiter des Café Beispiellos in Berlin, wo sich Abhängige oder deren Angehörige im Rahmen des Caritas-Projekts „Lost in space“ über ihre Sucht beraten lassen und verschiedene Therapieangebote wahrnehmen können. 200 bis 250 Menschen hätten die Beratungsstelle bisher jährlich aufgesucht, seit sie 2006 ins Leben gerufen worden war.MATTHIAS SCHREIBER