Par ordre du mufti

Alfried Wieczorek ist designierter Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege. Ausgeschrieben wurde die Stelle nicht vom Land Niedersachsen. Die SPD sieht einen unschönen Beigeschmack bei der Besetzung des hochdotierten Postens. Dabei geht es um ein Prozedere, das unlängst schon an Oldenburgs städtischen Museen vorgemacht wurde

Für geeignet halten ihn alle. Alfried Wieczorek, designierter Präsident des niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege, hat mit großem Erfolg die Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen geleitet: vielbeachtete Groß-Ausstellungen realisiert, ein naturwissenschaftliches Forschungszentrum aufgebaut. Jetzt soll er die Denkmalpflege, museale Archäologie und Küstenforschung in Niedersachsen nicht nur unter einen Hut bringen, sondern auch zu „Leuchttürmen“ aufpolieren.

Doch die SPD-Fraktion im niedersächsischen Landtag ist nicht zufrieden: „Eine Stelle dieser Größenordnung hätte man ausschreiben müssen“, sagt der Braunschweiger Abgeordnete Klaus-Peter Bachmann. „Wenn Herr Wieczorek der Richtige ist, hätte er sich schon durchgesetzt.“

Für ihn hat die Personalie einen „Beigeschmack“: Alfried Wieczorek, vermutet er, habe sich nur von seinem attraktiven Posten in Mannheim weglocken lassen, weil man ihm die Selbstständigkeit der Braunschweiger Geschichtsmuseen geopfert habe. Der künftige Präsident soll nach den Plänen von Niedersachsens Minister für Wissenschaft und Kultur Lutz Stratmann (CDU) nicht nur der Denkmalpflege vorstehen, sondern auch dem Braunschweiger Landesmuseum, dessen Leiter Gerd Biegel bisher nur dem Minister unterstellt war. Seit Monaten laufen die Braunschweiger Sturm gegen diese Degradierung.

Die Stellenbesetzung „par ordre du mufti“ statt in einem regulären Ausschreibungsverfahren ist der zweite ähnlich gelagerte Fall in einer Woche in Niedersachsen. Vergangene Woche hatte in Oldenburg Oberbürgermeister Gerd Schwandner seinen Kandidaten für die Leitung der städtischen Museen, den bisherigen Emder Landesmuseumschef Friedrich Scheele, durchgesetzt.

Zunächst war der Posten nur kurzfristig im Internet ausgeschrieben worden. Als man der Kritik nachgab und doch noch eine branchenübliche Anzeige in der überregionalen Presse schaltete, wagten sich nur vier BewerberInnen in das wenig aussichtsreiche Rennen. Friedrich Scheele stach in der Endrunde den letzten der verbliebenen Interessenten aus.

Im braunschweig-hannoverschen Fall kommt hinzu, dass die Braunschweiger es noch längst nicht als entschieden ansehen, wie die regionale Museumslandschaft neu geordnet wird. „Im Interesse des Bewerbers hätte man das vor der Stellenbesetzung klären müssen“, sagt Bachmann. „Hier werden Fakten geschaffen.“ Mit dem geplanten Archäologie-Schwerpunkt in Braunschweig kann er durchaus anfreunden – wenn nur die stadtgeschichtlichen Abteilungen hier ausgegliedert und in ihrer Selbstständigkeit erhalten bleiben.

Wolf-Dieter Steinmetz, Leiter der in Wolfenbüttel ausgelagerten archäologischen Abteilung des Landesmuseums, freut sich über die Aufwertung der Archäologie. Hat er bisher unter dem Münz- und Stadtgeschichtsexperten Biegel gearbeitet, begrüßt er nun die Entscheidung für einen profilierten Archäologen als Chef. Natürlich werde seine Freude im Haus nicht geteilt, sagt Steinmetz. Weder Biegel noch seine Stellvertreterin oder der betriebswirtschaftliche Leiter waren zu einer Stellungnahme bereit. Auch Wieczorek will sich vor Vertragsunterzeichnung nicht äußern.

“Ich habe es erst nicht geglaubt, dass er eine solche Stellung annimmt“, kommentiert Steinmetz. Er befürchtet, dass entgegen allen erfolgten Beteuerungen bei der Landesmittelvergabe an die Archäologen schon bald wieder „Tristesse“ herrschen werde.

Ungeklärt ist etwa das Schicksal der Schöninger Speere, archäologisches Highlight des Braunschweiger Landes. „Die Schöninger haben nicht vergessen, dass der Ministerpräsident ihnen im Wahlkampf ein Archäologiezentrum versprochen hat“, sagt Klaus-Peter Bachmann. „Dafür sind im Haushalt überhaupt keine Mittel vorgesehen.“

ANNEDORE BEELTE