Windmesse stößt an Kapazitätsgrenze

Gute Stimmung auf der Husum WindEnergy: Der Export boomt, und das novellierte Einspeisegesetz bringt auch den heimischen Markt wieder in Fahrt. Hoffnung auf leistungsstärkere Windräder und Start des Offshore-Geschäfts

HUSUM taz ■ Theodor Storms „graue Stadt am Meer“ hatte diese Woche doppelt so viele Einwohner wie sonst: Rund 20.000 Besucher der weltgrößten Windmesse Husum WindEnergy brachten ein weltstädtisches Flair in Nordfrieslands Hauptdorf. Allerdings platzt die Messe mittlerweile aus allen Nähten, und zum Bedauern der Husumer kursieren Gerüchte über eine Abwanderung der Messe nach Hamburg oder Hannover.

Dabei spiegelt die wuchernde Zeltstadt mit 700 Ausstellern am Stadtrand von Husum sehr treffend den aktuellen Zustand der Branche wider: Als Industriezweig steht die Windkraft immer noch am Rand der öffentlichen Wahrnehmung, doch sie wächst und wächst. Interessierte Kunden vor allem aus Osteuropa, aber auch aus China, Indien und Nordafrika füllen trotz explodierender Stahlpreise die Auftragsbücher der Windradbauer: Am weltweiten Gesamtumsatz von 22,1 Milliarden Euro hatten deutsche Hersteller und Zulieferer 2007 einen Anteil von knapp 28 Prozent gehabt, sagte der Geschäftsführer der Messe Husum, Hanno Fecke. Und auch innerhalb Deutschlands sieht die Branche noch große Ausbaumäglichkeiten. Das im Juni 2008 novellierte Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) mit erhöhten Einspeise-Vergütungen hat die Branche beflügelt. Sowohl durch die neue Anlangen als auch durch das „Repowering“, den Ersatz alter Räder durch leistungsfähigere neue, soll der Windstromanteil bis 2020 bundesweit auf 30 Prozent steigen.

Von Irland über Rumänien bis Vietnam hat das EEG Nachahmer gefunden und die Windbranche in Schwung gebracht. Absolutes Entwicklungsland für Windkraft ist derzeit noch Bayern. Allein im Kreis Dithmarschen in Schleswig-Holstein stehen momentan mehr Windräder als in ganz Bayern zusammen.

Durch technische Neuerungen werden die Windkraftanlagen derweil immer größer und leistungsfähiger. Eine süddeutsche Firma baut bereits an einem Sechs-Megawatt-Rad für den Einsatz an Land, dessen Flügel und Getriebe in Stücke zerlegbar sind. Dadurch bleiben die Anlagenteile noch mit dem Lkw transportabel. Im Offshore-Bereich stellt sich immer mehr heraus, dass die dort erforderlichen gewaltigen Investitionssummen nur von multinationalen Stromkonzernen oder von Investmentfonds aufgebracht werden können. Derweil führt die Bundesregierung ein Raumordnungsverfahren in der deutschen Nordsee durch, um den Wildwuchs an Offshore-Claims und Konflikte mit Naturschutz und Fischerei einzudämmen. Funktionierende Offshore-Windräder stehen aber bisher nur im Ausland, weil zum Beispiel in Schottland die Einspeisevergütung profitabler war. RAINER BORCHERDING