Kein Held auf der Seestadt-Bühne

Die große Show zum langen Abschied: Das Bremerhavener Theater-Ensemble kämpft solidarisch für den Verbleib seines langjährigen Intendanten Peter Grisebach – aber offenbar ohne dessen Unterstützung

Es war eine absurde Aufführung, zu der die beiden Protagonisten nicht erschienen. Der Auftritt des einen – Peter Grisebach, Intendant des Stadttheaters Bremerhaven – war von vornherein nicht geplant gewesen. Und der andere – nämlich Kulturstadtrat Wolfgang Weiß (SPD) – war krankheitsbedingt verhindert.

So diskutierten gestern rund zwanzig Mitarbeiter des Stadttheaters und der Bremerhavener CDU-Fraktionsvorsitzende Paul Bödeker – immerhin also: einen Antagonisten gab es – über die Zukunft des Drei-Sparten-Hauses und seines Intendanten.

Grisebach hatte angekündigt, er werde seinen Posten niederlegen, sollten zwei Wiederbesetzungssperren nicht aufgehoben werden. Es geht dabei um einen Kappellmeister und einen Theatermaler. Seine Mitstreiter setzten den Termin im Theaterlokal „Da Capo“ an, um zu zeigen, „dass diese Sache von Seiten des Hauses so nicht hingenommen werden würde“, so Hauptspielleiter Wolfgang Hofmann. Grisebach sei für den Erfolg des Theaters maßgeblich verantwortlich. Hofmann war es dann auch, der mit Bödeker am heftigsten stritt.

Doch der CDU-Mann zeigte sich von den Argumenten des Künstlers unbeeindruckt. Zwar schätze er Grisebachs Arbeit sehr und würde einen Weggang des Intendanten bedauern. Doch dürfe niemand vergessen, wie angespannt die Haushaltslage sei und dass keiner irgendwo in den Keller gehen könne, um Geld zu drucken. Rund 30 Millionen Euro habe die Kommune in die Sanierung des Großen Hauses gesteckt, etwa 11,7 Millionen Euro würden jährlich als Zuschuss ins Theater gepumpt. Da seien die 35.000 Euro, um die es bei der Wiederbesetzung ginge, eine vergleichsweise kleine Summe.

Gewinner des aktuellen Streits könnte Grisebach selbst sein. In der Kulturszene der Stadt jedenfalls munkelt’s, der Intendant nutze die Situation aus, um eine Begründung für seinen lang erwünschten Weggang zu haben. Schließlich habe er sich schon einmal aus Bremerhaven wegbeworben.

Übrig blieb nach dem Gespräch ein Verhandlungsangebot des CDU-Politikers. Man sei bereit, mit dem Theater über die beiden Stellen zu diskutieren, wenn andere Einsparpotenziale gefunden würden. Für Grisebach, mit dem die taz nach der Veranstaltung sprach, reicht das jedoch nicht, um seinen im Juli 2004 auslaufenden Vertrag zu verlängern: „Ich erwarte von der Bremerhavener Politik eine klare Haltung, was sie mit dem Theater vor hat.“ Anders könne er nicht „vernünftig arbeiten“. Viel Zeit, eine solche Haltung zu finden, bleibt den Seestadtpolitikern nicht mehr. Die Verhandlungsfrist endet am 30. April. Einen Helden hätte die gestrige Veranstaltung leicht haben können, wenn die Einladungen nicht unmittelbar vor Weihnachten rausgeschickt worden wären. SPD-Fraktionschef Melf Grantz nämlich sagte zur taz: „Wenn es nach uns ginge, gäbe es keine Besetzungssperre.“ Das sei eine Geburt der CDU, die er für einen Systemfehler halte. Doch als die Einladungen verschickt wurden, war der SPD-Mann mit seiner Familie schon auf dem Weg nach Dänemark. In den Winterurlaub.

Jan- Philipp Hein