Großstädtische Insulaner

Modellfall für Deutschland: Die Ostseeinsel Fehmarn ist ab sofort zweitgrößte Stadt in Schleswig-Holstein

Die Sektkorken haben zwar schon in der Silvesternacht geknallt, doch heute wird‘s erst richtig feierlich. Mit einem Festakt in der St. Nikolaikirche in Burg besiegeln die Fehmaraner, was sie im September beschlossen und zum 1. Januar in Kraft gesetzt haben: Ihre rund 185 Quadratkilometer große Insel ist ab sofort die flächenmäßig zweitgrößte Stadt Schleswig-Holsteins nach Lübeck. Die freiwillige Gemeindefusion ist in dieser Form einmalig in Deutschland und macht die Ostseeinsel zum Modellfall für die ganze Republik.

„Wir scheinen ein Tabu gebrochen zu haben“, sagt Klaus Tscheuschner (parteilos), bis dato Bürgermeister von Burg. Denn seit die Fusion der vier Fehmarnschen Gemeinden zur Stadt bekannt geworden sei, habe das Telefon nicht mehr stillgestanden. „Wir hatten Anfragen von Gemeinden aus ganz Deutschland“, sagt Tscheuschner. So habe zum Beispiel die Insel Sylt ganz konkretes Interesse an diesem Modell bekundet.

Die meisten der 12.600 Insulaner sehen ihrem Stadt-Status hoffnungsvoll entgegen. „Wir mussten für Behördengänge ja schon immer nach Burg fahren, da ändert sich für uns nichts. Aber die Verwaltung wird billiger, das ist gut so“, sagt zum Beispiel eine ältere Frau aus Landkirchen, einer der drei Landgemeinden Fehmarns. Der Sparfaktor war auch der Hauptgrund der Fusion. Rund 500.000 Euro an Personalkosten und Aufwendungen für die ehrenamtlichen Bürgermeister sollen durch die Fusion der Stadt- und der Amtsverwaltung mittelfristig gespart werden. Es habe aber auch organisatorische Gründe gegeben, sagt Tscheuschner. „Unsere Landgemeinden sind Flächengemeinden mit insgesamt 42 Dörfern. Die lassen sich heute einfach nicht mehr ehrenamtlich verwalten.“

Der Ersparnis stehen allerdings Kosten von rund 124.000 Euro entgegen. Schließlich muss eine neue Telefonanlage und die Vernetzung von Datensystemen der Verwaltungen finanziert werden. Und 150 neue Ortschilder: „Burg auf Fehmarn, Stadt Fehmarn“ wird es in Zukunft heißen, wo früher „Burg auf Fehmarn“ stand. „Doch die Schilder werden erst im Laufe des Jahres ausgewechselt werden“, sagt der bisherige Leiter der Amtsverwaltung, Karl-Heinz Will.

Und auch ein Bürgermeister fehlt den Neu-Städtern noch. Tscheuschner wird bei der Wahl am 20. März nicht kandidieren, nachdem ihm in den vergangenen Wochen von Kritikern Profilierungssucht vorgeworfen worden war. „Die befürchten wohl, dass ich bei künftigen Entscheidungen Burg bevorzugen würde“, mutmaßt er. Deshalb sei es besser, wenn jemand von außen dieses Amt übernähme. Interessenten können sich noch bis zum 13. Januar bewerben. Eva-Maria Mester