das griechen-revival von KARL WEGMANN
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Mieses Wetter, gute Stimmung. Gestern noch hat uns der Wettergott vorgegaukelt, es sei wirklich Winter, heute behauptet er, es ist April. Grau und lau und regnerisch. Aber das macht uns fast gar nichts, kommen wir doch gerade aus einer Vorpremiere von „My Big Fat Greek Wedding“.

Konscho ist noch ganz rot im Gesicht und wiederholt immer wieder: „Hab ich gelacht, schon lange nicht mehr so gelacht.“ Er hat selbstverständlich die griechischen Gags sofort verstanden und losgebrüllt, wir anderen mussten auf die leicht verspäteten Untertitel warten. Egal, der Film ist witzig und wir sind uns alle einig, dass Nia Vardalos zwar keine große Schauspielerin, aber eine großartige Komödiantin ist. „Und sie hat tolle Zähne“, meint Hermann unnötigerweise.

„Hoppa!“, brüllt Konscho und knallt lachend eine Flasche Ouzo auf den Tisch. Dann schiebt er eine Rembetiko-CD ins Gerät, fängt sofort an mitzusingen, tänzelt fingerschnippend in die Küche und schleppt Dutzende Tellerchen mit Vorspeisen ins Zimmer. Keine Frage, der Mann ist in seinem Element. „Tiropitakia“, erklärt er, während er die Teller abstellt, „Midia tighanita, Keftedakia und Dolmadakia me risi, Tsatziki und Salata therini und …“ Wir hören schon gar nicht mehr hin, wir hauen rein. Die Ouzo-Gläser werden nie leer, die Stimmung erklimmt den Olymp.

„Essen könnt ihr Griechen“, schmeichelt Bernd, „kann ich noch was von diesen gegrillten Tintenfisch-Tentakeln haben?“ – „Sicher, sicher“, sagt Konscho gut gelaunt. „Gibt’s noch mehr Spinat-Pita?“, will Hermann wissen, und der Grieche flitzt sofort in die Küche und holt welche. „Wo kommt das ganze Zeug eigentlich her“, fragt Willy. „Hab ich alles gestern Abend und heute früh vorbereitet“, antwortet Konscho. Alle nicken anerkennend.

Früher, in den Achtzigern, als wir noch jeden Sommer vier, fünf Wochen durch Hellas gegurkt sind, haben wir diese maßlosen Gelage andauernd veranstaltet. Doch irgendwann hatten wir uns einfach an der griechischen Küche überfressen, hatten die Schnauze voll von der Retsina-, Ouzo- und Metaxa-Sauferei. Reiner Überlebenswille. In jedem Lokal hatte Konscho irgendwelche Verwandten. „Das ist der Neffe vom Onkel meiner Mutter“, stellte er uns dann vor und, zack, stand die erste Runde vor uns. Es endete immer Unterkante Oberlippe. Also fingen wir an zum Inder zu gehen oder zum Thailänder, Mexikaner, was auch immer, nur nicht griechisch. Sehr zum Ärger von Konscho.

Aber jetzt, jetzt hat er uns wieder. Die vierte Flasche Ouzo ist in Arbeit. „Wenn man immer schön dabei isst“, lallt Konscho, „wird man überhaupt nicht besoffen, überhaupt nicht.“ „So isses“, nickt Hermann, die Augenlider auf Halbmast. Bernd ist schon ziemlich hinüber und stöhnt: „Ich krieg keinen einzigen Ouzo mehr runter.“ – „Kein Problem“, sagt Konscho, „ich hol dir einen Metaxa“, und verlässt mit einem leicht ondulierten Gang das Zimmer. Wir sehen uns gequält an. Willy faltet theatralisch die Hände, hebt die Augen und sagt: „Gott steh uns bei, das Big Fat Greek Revival hat begonnen.“