Friedensfreunde wollen Zapfen streichen

Im ostholsteinischen Eutin veranstaltet die Bundeswehr einen „Großen Zapfenstreich“ zum 50. Jubiläum des Aufklärungsbataillons, das vom Rückzug der Armee nicht betroffen ist. Der örtliche Friedenskreis protestiert per Brief.

Am Montagabend gehört der Schlosspark in Eutin der Bundeswehr: Die 840 Soldaten des „Aufklärungsbataillons 6“ treten zum Großen Zapfenstreich an. Katja Helmbrecht ist sicher nicht dabei. Die Sprecherin des „Friedenskreises Eutin“ findet allein die Vorstellung schrecklich: „Helm ab zum Gebet – das machen die da wirklich.“ Protestieren wird der Friedenskreis nicht, seine Aktion ist vorher gelaufen: Die Mitglieder schrieben einen Brief an die Bundeskanzlerin, setzten zahlreiche Abgeordnete und Ministerien mit auf den Verteiler und schickten Kopien an die örtliche Presse.

Aus Berlin kam keine Antwort, aber in Eutin ist eine lebhafte Debatte um Sinn oder Unsinn öffentlicher Gelöbnisse entbrannt, die vor allem in den Leserbriefspalten ausgetragen wurde. Helmbrecht ist damit zufrieden: „Genau das wollten wir.“

Die Reaktionen waren gemischt, Zustimmung und Ablehnung für die Aktion des Friedenskreises hielten sich in etwa die Waage, schätzt Helmbrecht. Ärgerlich etwa reagierte die örtliche CDU: „Die Argumente des Friedenskreises sind überholt und von Vorurteilen geprägt“, so der Kreisvorsitzende Ingo Gädechens. Es wird aber noch ein Gespräch zwischen Friedenskreis und Stadtverwaltung geben – nach dem Zapfenstreich.

Anlass dafür ist der runde Gründungstag des Aufklärungsbataillons, das 1958 in Lingen gegründet wurde, dann in Neumünster stationiert war und 1961 nach Eutin zog. Am vergangenen Wochenende gab es bereits einen Tag der offenen Tür in der Kaserne mit mehreren Tausend Gästen: „Die Kinder kletterten auf den Panzern herum – ich finde das erschreckend“, sagt Katja Helmbrecht. Allerdings gibt es bald keine Panzer mehr, die Eutiner Truppe hatte daher im Frühjahr den Namen „Panzeraufklärungsbataillon“ gestrichen.

„Ein Friedenskreis sollte weniger Kritik über öffentliche Veranstaltungen üben, sondern vielmehr die friedenssichernden Einsätze der Bundeswehr positiv hervorheben“, findet die CDU. Die Eutiner Aufklärer sind an Auslandseinsätzen beteiligt, etwa 2006 und 2007 in Kunduz. „Angesichts dieser Realität sollte die Bundeswehr nicht auf emotionale Schauspiele setzen, sondern sachlich informieren“, wünscht sich Helmbrecht.

Eutin ist einer der wenigen Standorte in Schleswig-Holstein, die vom aktuellen Umbau der Truppe profitieren. Es wird sogar investiert: Mehr als neun Millionen Euro sollen bis 2012 in den Bau einer Ausbildungs- und Werkshalle gesteckt werden. Andere Städte stehen dagegen vor dem Problem, was sie mit den Kasernengeländen anfangen sollen, die nach dem Abzug der Bundeswehr leer stehen. Die Flächen gehören dem Bund, der sie meist zu verkaufen versucht, wie zuletzt die Lotseninsel bei Kappeln. In Neumünster zog im Juni eine Panzerbrigade ab – nach einem letzten Großen Zapfenstreich. ESTHER GEISSLINGER