bascha mika über Gegengift
: Friede den Fischen

Leicht zu durchschauen ist die Strategie von George W. nicht – aber sie ist genial

I know the human being and fish can coexist peacefully.

Hast du dir ein Aquarium gekauft, fragt mein Lieblingsreaktionär irritiert, oder warum redest du wie der heilige Antonius von Padua?

Ich zitiere.

Aus den Richtlinien für den internationalen Angelschein?

If you don’t stand for anything, you don’t stand for anything.

Wusste gar nicht, dass Loriot Englisch kann.

Der, den ich hier zitiere, kann es ja auch nicht.

Da kommen wir der Sache schon näher. Es gibt ja nur ein paar hundert Millionen Englisch sprechender Menschen.

Wer ist denn zurzeit die größte Witzfigur?

Keine Ahnung. Dieter Bohlen vielleicht?

George W. Bush.

Du redest vom gewählten Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika.

Das schlichteste Gemüt seit Nero. Niemand inspiriert die Fantasie zurzeit mehr als er. Die ganze Welt lacht über ihn. Sehr hübsch ist zum Beispiel ein fiktives Gespräch zwischen ihm und seiner Sicherheitsberaterin Condolezza Rice, genannt Condi. Du kannst es im Web nachlesen.

Das ist zutiefst respektlos. Er ist schließlich der einzige Führer einer Weltmacht …

Dieser Mann ist politisch unbedarft und intellektuell unterbelichtet.

George W. Bush verachtet Leute, die glauben, dass sie klüger sind als er.

Nur: Wer glaubt das nicht? Was sagt der Ex-Fiesling aus Dallas, J. R. Ewing alias Larry Hagman über seinen Präsidenten: Er sei ein „Idiot“, der weder „lesen noch reden“ könne und komplett aus dem Rahmen dessen falle, was man unter einem „sozialisierten Menschen“ verstehe.

Ich befürchte, du und Larry Hagman sitzt einem grandiosen Irrtum auf.

Weil George W. ein geistiges Fliegengewicht ist, das Bosnien für eine Crackersorte hält und bei einer Rede an die Nation nicht mal vom Teleprompter ablesen kann? Das Internet strotzt vor Witzen und Karikaturen über seine Einfalt.

Das Ganze erinnert mich an Kohl.

An Helmut? Der hat immerhin einen Doktor.

Aber nur in Geschichte. Und während ihn die Presse dünkelhaft bis zur Unkenntlichkeit karikierte, während die ganze Nation über ihn lachte, baute Birne das Land um, verkündete seine geistig-moralische Wende, zementierte die strukturell konservative Mehrheit und prägte eine Ära wie weiland nur Adenauer.

Spuren wird Bush auch hinterlassen. Zumindest in der Hirnforschung. Im Stammhirn die Achse des Bösen eingebrannt …

Sagte ich nicht bereits, dass er Klugscheißer hasst? Das amerikanische Volk liebt ihn. Trotz oder gerade wegen seiner angeblichen Einfalt. Er ist eben einer von ihnen, ein einfacher, ehrlicher Mann. Ihm glauben sie die Gemeinwohl-Rhetorik. Außerdem verstehen sie Fremdwörter genauso wenig wie er. Und während er sein jungenhaftes Grinsen aufsetzt und wie ein Erweckungsprediger Gott beschwört, erfindet er wie nebenbei den amerikanischen Konservatismus neu und setzt seine innen- und außenpolitischen Pläne generalstabsmäßig um.

Das klingt ja, als wäre er wirklich gut in seinem Job …

und seine Kritiker bestaunen hilflos seinen Erfolg und rächen sich, indem sie ihn lächerlich machen.

Er ist lächerlich! Und gefährlich dumm.

Du hast noch immer nichts begriffen. Das Pentagon hat nach dem 11. September angekündigt, es werde die Medien bewusst mit falschen Informationen füttern und die Öffentlichkeit irreführen. Eine groß angelegte Vernebelungsaktion. Siehst du nicht, dass die schon vor dem 11. 9. schon lief? Bushs Gegner im Wahlkampf war der pseudointellektuelle Klugscheißer Al Gore. So blieb für George W. nur eine Rolle: die des tumben Texaners, sympathisch, weil bodenständig. Das hatte Erfolg. Also spielte Bush diese Rolle weiter, perfektionierte sie noch mit Hilfe der CIA und der amerikanischen Intellektuellen. Und während sich die halbe Welt an seiner angeblich ignoranten Dummheit abarbeitet, zieht Superhirn George ungestört sein Ding durch.

Oh Gott, jetzt verstehe ich seine Mutter.

Wie bitte?

Nach einem seiner desaströsen öffentlichen Auftritte sagte Mama Bush zu Klein George: Son, I love your strategy. Don’t let them know you.

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