Saddam trotzt, die Nachbarn konspirieren

Iraks Präsident bereitet das Volk auf Krieg vor. Saudi-Arabien und andere hoffen auf Kriegsvermeidung durch Putsch

KAIRO taz ■ Wenig Zweifel daran, dass es zum Krieg kommen wird, ließ Saddam Hussein am Freitag in einer trotzigen Rede anlässlich des 12. Jahrestags des Golfkrieges. Der vom irakischen Fernsehen aufgezeichnete rund 40-minütige Auftritt diente vor allem dazu, die Iraker auf einen bevorstehenden Waffengang vorzubereiten. „Der Feind hat riesige Streitkräfte gegen euch aufgeboten. Aber habt keine Angst. Die irakische Armee, das Volk und die Führung sind voll mobilisiert, um der US-Aggression zu begegnen“, verkündete Saddam Hussein. Im üblichen jährlichen Ritual verkehrte er erneut den letzten Golfkrieg in einen „großartigen irakischen Sieg“. Bagdad sei entschlossen, „diesmal die Mongolen unseres Zeitalters zu zwingen, an den Toren Bagdads Selbstmord zu begehen“, sagte er weiter in einem Verweis auf die Mongolen, die 1258 die Stadt eingenommen und zerstört hatten.

Interessanter war, worüber Saddam Hussein schwieg. Waren frühere Reden voll von Aufrufen zur panarabische Solidarität, erwähnte er diesmal nichts dergleichen. Er hat offenbar den Gedanken an Unterstützung seitens der arabischen Bruderstaaten aufgegeben. Dort scheint man stattdessen zu überlegen, ob ein Krieg noch dadurch zu verhindern wäre, dass Saddam Hussein gestürzt oder zur Abdankung gezwungen wird. Nach einem Bericht des US-Magazins Time hat sich das saudische Königshaus an die Spitze jener gestellt, die irakische Generäle von einem Putsch zu überzeugen versuchen.

Möglicherweise wurden derartige Pläne mit anderen Staatschefs in der Region abgesprochen. Der saudische Kronprinz Abdallah empfing diese Woche kurz hintereinander den ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak und den türkischen Premier Abdullah Gul. Mubarak verkündete bei seiner Rückkehr, dass derzeit mehrere Optionen als Ausweg aus der Krise erwogen werden. In Details wollte er aber nicht gehen. Er warnte lediglich davor, dass jede Fehlkalkulation fatale Folgen haben könnte.

Laut Time sollen die Generäle durch eine Amnestie für irakische Offizielle zum Staatsstreich ermuntert werden. Möglicherweise, so die saudische Idee, könnte eine solche Amnestie im Rahmen der UNO ausgesprochen werden. Ausgenommen davon sollen lediglich 100 bis 120 Personen des inneren Zirkels von Saddam Hussein werden. „Wenn es eine Amnestie für den Rest der irakischen Regierung gibt, kann Saddam Hussein schachmatt gesetzt werden“, hofft ein mit der Initiative vertrauter Diplomat. „Wir werden uns wundern, wie schnell sich irakische Loyalitäten verändern können“, spekulierte ein anderer.

Die angeblichen saudischen Pläne, die die US-Zeitschrift als „Messer in Saddams Rücken“ bezeichnet, sollen vor allem verhindern, dass mit einem Krieg im Irak Chaos ausbricht, das die Nachbarländer mit in den Konflikt zieht. Ein Coup werde in Saudi-Arabien als die beste Möglichkeit gesehen, die staatlichen Institutionen zu erhalten, staatliche Dienstleistungen und Sicherheit aufrechtzuerhalten. Geführt werden soll die neue Regierung teils von derzeit im Exil lebenden Oppositionellen, hauptsächlich aber von Überbleibseln des alten Regimes. Der irakischen Opposition allein mit ihrer „Pferdehändlermentalität“ traue man nicht zu, einen stabilen Irak schaffen zu können.

Die neuen Initiativen entspringen nicht zuletzt einem tiefen Misstrauen, ob die USA nach einem Krieg tatsächlich einen neuen stabilen Irak aufbauen können. Wie es ein arabischer Diplomat fasst: „Wenn irgendetwas falsch läuft, gehen sie mit ihren Truppen wieder zurück auf ihre Schiffe. Wir in der Region werden mit einem endlosen Problem allein gelassen.“

KARIM EL-GAWHARY