Boulevard vs. Boulevard

Ein Verleger der Konkurrenz verklagt die österreichische „Kronenzeitung“ – wegen ihrer SPÖ-Nähe vor der Wahl

Tiere hätten die SPÖ gewählt. Zu dieser Erkenntnis kamen, wenig überraschend, Tierexperten in der Kronenzeitung. Wenig überraschend, weil das österreichische Massenblatt, an dem die deutsche WAZ-Gruppe beteiligt ist, im Wahlkampf kein Geheimnis daraus machte, wem seine Sympathie gilt: Werner Faymann. Der SPÖ-Spitzenkandidat erhielt denn auch 33 der 35 möglichen Punkte bei den Krone-Tierschutzfragen. Und, ebenso wenig überraschend: Der ÖVP-Spitzenkandidat stank ab. Nur sieben Punkte gingen an Wilhelm Molterer.

Doch auch wenn es der ÖVP mit der SPÖ-freundlichen Berichterstattung der vergangenen Wochen gereicht haben sollte, hielt sich der öffentliche Ärger darüber freilich in Grenzen. Ihr Finanzsprecher etwa erklärte gegen Wahlkampfende lapidar: „Ich möchte nicht, dass die Krone am 29. September mit der Schlagzeile aufmacht: Wir sind Kanzler.“

Anders reagierte die Konkurrenz der Krone: Im Namen seiner Boulevardzeitschrift Die Ganze Woche klagt nun Verleger Noah Falk. Die Kronenzeitung soll sich demnach nicht mehr „unabhängig“ nennen dürfen. Das Blatt vertrete „ganz gezielt die Interessen der SPÖ und ihres Parteivorsitzenden“ und schreibe „nach Art eines Parteiorgans“, erklärte Lothar Wiltschek, Anwalt der Ganzen Woche.

Mehr als hundert Beispiele hat Wiltschek gesammelt, um seine Vorwürfe zu untermauern, darunter Schlagzeilen der Titelseite wie jene gegen Exbundeskanzler und Fraktionschef Wolfgang Schüssel: „Schüssel blamiert sich im Parlament“. Auch Gereimtes von Krone-Dichter Wolf Martin ist dabei: „Der Faymann ist schon imposant, fest, attraktiv, charmant, gewandt.“ Das alles habe mit „unabhängig“ nichts zu tun, meint Anwalt Wiltschek. Mit dieser Bezeichnung verstoße die Zeitung gegen das Gesetz des unlauteren Wettbewerbs. Der Krone-Anwalt wies die Vorwürfe als „absoluten Unsinn“ zurück, der Streitwert wird mit 36.000 Euro beziffert.

Doch so wenig wie die SPÖ-Sympathiebekundung der Krone – Faymann war schon als Wiener Stadtrat ihr Liebkind gewesen –, so wenig verwundert die Klage Noah Falks. Dessen 2005 verstorbener Vater Kurt Falk hatte gemeinsam mit Krone-Herausgeber Hans Dichand die Zeitung aufgebaut, sich im Streit getrennt und schließlich neben der Ganzen Woche ein Boulevardblatt betrieben, das nicht lange überlebte.

Und was sagt die ÖVP zur jüngsten Klage? „Wir sind gespannt“, heißt es von dort.

CHRISTINE ZEINER, WIEN