Und noch ein Löffelchen für die Designer

10 mal 10 macht 100: Der Phaidon-Band „Spoon“ liefert eine globale Übersicht zum zeitgenössischen Produktdesign

Was passiert, wenn man die traditionelle Form eines Buches mit der traditionellen Form eines Löffels kreuzt? Ein kunststoffbeschichteter, stoßfester, 444 Seiten dicker Katalog als Stahlwelle, kurz: die Publikation „Spoon“, für die zehn namhafte KuratorInnenin wie etwa Ron Arad oder Hansjerg Maier-Aichen weltweit hundert DesignerInnen auswählten. Wobei gleichzeitig der Entwicklungsprozess heutiger Produktgestaltung unmittelbar im Buchdesign umgesetzt ist. Thomas Bernstrand aus Stockholm verbindet Pubatmosphäre mit Fitnessstudio. Seine Secondhandlampen fungieren nicht nur als Leuchtkörper, sondern können für Klimmzüge im Flur oder auch als Punchingball herhalten. D-Tec aus dem italienischen Vicenza mischen dagegen Hightech, Umweltnutzen und Sicherheit für Alltag und Extremsport: Designer Lino Dainese hat einen als elegante Weste getarnten Airbag für Motorrad- und Mopedfahrer entwickelt. Es ist eine Art intelligentes Kleidungsstück, das irgendwo zwischen Ninja Turtle und Astronaut angesiedelt ist und per elektronisch-interaktivem Kontrollsystem aufgebläht wird.

Doch in „Spoon“ sind nicht nur die düsentriebigen Jungs am Werk; die Preisträgerin des Domus-Wettbewerbs für die beste Ausstattung eines Boeing-737-700-Business-Jets, Ana Mir aus Barcelona, hat neben Chill-out-Zone und Dampfbad für gestresste Vielflieger ein Interieur entwickelt, das sich farblich chamäleonartig der Landschaft anpasst.

Einige der vorgestellten GestalterInnen stellen das Marketing und die Distribution von Produkten ins Zentrum ihrer Arbeit. Effektiver als der Favela-Schick der Campana Brothers aus São Paulo, die Wegwerfmaterialien verwenden, oder nordisch-solides Handwerk im globalen Design à la Norway Says (Bergen/Oslo) erscheint dabei „Sponsored Food“, 1997 von Martí Guixé aus Barcelona. Hier werden Logos wie Fuji oder CK als Kommunikationsvehikel auf Tortillas und Bohnengerichte gedruckt. Durch den Verzehr der alltäglichen Lebensmittel werden die Logos möglicherweise effektiver kommuniziert, als konventionelle Werbung es vermag.

Mit dem „hack-Mac“ wiederum hat Ora-ïto aus Paris ohne Erlaubnis der Firma Apple eine fiktive Werbung des Computerherstellers entworfen und erfolgreich veröffentlicht. Sie zeigt ein Camouflage-Laptop mit ergonomischem Tragegriff und kugelsicheren Beschlägen – mit der Aufforderung: „think weapon“.

BETTINA ALLAMODA

„Spoon. 100 designers, 10 curators, 10 design classics“. Phaidon-Verlag, Berlin 2002, 444 Seiten, 75 €