Friedlich gegen nationalistisches „Wir-Gefühl“

Demonstration von 1.500 Menschen gegen den „Einheits-Event“ in der Hamburger Hafen-City verlief ohne Krawall

Die Demonstranten brachten es lautstark zum Ausdruck: „Wir sind hier aus purer Feindschaft – gegen eure Volksgemeinschaft.“ 1.500 Linke haben am Tag der Deutschen Einheit in Hamburg unter dem Motto „Hart Backbord – Kein Grund zu Feiern“ gegen das Spektakel „Kulturnation Deutschland“ demonstriert.

Hamburgs Polizei hatte im Vorweg Krawalle vorausgesagt. Die Polizei hatte deswegen zusätzlich 2.500 auswärtige Polizisten samt schweren Gerätschaften geordert. Und zu Beginn des Protestes an der Hafenstraße schien das auch einzutreten. Eine Festnahmeeinheit stürmte in die Menge, um zwei vermeintliche Straftäter festzunehmen. Sie sollen vor einigen Tagen anlässlich des Protestes gegen einen neu eröffneten Neonazi-Shop in der Hamburger City zwei Kunden ihre Thor-Steinar-Klamotten abgenommen haben. Polizisten wollten in der Menge sechs der Täter erkannt haben. Auch die angebliche Vermummung sorgte für Stress. Versammlungsleiter Andreas Blechschmidt ermahnte die Polizei, „nicht alles mögliche vom Zaun zu brechen“ und so die Demo unmöglich zu machen. Er forderte, das „Deeskalationsgebot“ einzuhalten.

Nachdem unter Beifall eine Deutschland-Fahne verbrannt wurde, konnte die Demonstration dann doch losmarschieren – mit dem Banner „Für etwas Besseres als die Nation“ an der Spitze.

Eine Sprecherin bezeichnete die Feierlichkeiten als Versuch, ähnlich wie bei der Fußball-WM 2006 mit „Schwarz-Rot-Geil“-Parolen, ein neues ,Wir Gefühl‘ bei den Menschen und damit einen neuen Nationalismus zu schüren. Der Veranstaltungsort Hafencity für das „Einheits-Event“ sei symbolhaft für die Standortpolitik, da hier nur „Besserverdienende“ wohnen könnten.

Deutschland stelle sich nicht seiner Geschichte, ermahnte ein anderer Sprecher. Immer noch warteten Hinterbliebene des SS-Massakers im griechischen Ort Distomo auf Entschädigung für die Ermordung von 218 Menschen, obwohl zuletzt der italienische Kassationshof den Opfern Entschädigung zugesprochen hat. „Deutschland erkennt Völkerrecht nur an“, so der Redner, „wenn es seinen Interesse entspricht.“

Die Demonstration endete ohne Krawall nahe der Hafencity. „Unser Konzept ist aufgegangen“, sagte Polizeisprecher Meyer. „Ein selbstbewusste Demonstration, die sich nicht provozieren ließ“, konterte Demo-Leiter Blechschmidt. KVA/AS