Wohlfühlen tut gut

Wellness erfreut sich zunehmender Beliebtheit – obwohl sich kaum definieren lässt, was genau dies eigentlich ist. Die Änderung des persönlichen Lebensstils kann schon ein recht guter Weg dorthin sein

Die Welle ist unaufhaltsam: Wellness ist in vieler Munde. Und manche schaffen es dann auch, sie bis an Körper und Seele heranzulassen. Allerdings sei durchaus Vorsicht angebracht, heißt es zu Recht in einem empfehlenswerten Ratgeber der Verbraucherzentralen, „denn der Markt ist unübersichtlich“. Etliche Anbieter schmückten sich mit dem so begehrten Etikett und „verkaufen alten Wein in neuen Schläuchen“, schreibt die Autorin Ulrike Pilz-Kusch. Der Wellnessmarkt erfreue sich in den letzten Jahren steigender Beliebtheit und Nachfrage. Doch „so schillernd und vielfältig die Angebote sind, so verwirrend ist auch die Begriffsvielfalt“.

Denn richtig zu definieren ist Wellness nicht – deshalb sind die dahinter stehenden Programme so vielseitig, ohne dass auf den ersten Blick zu erkenne wäre, ob es sich um Wellness oder Humbug handelt. Schließlich kann auch schon allein der Glaube daran, dass etwas gut tut, bewirken, dass es tatsächlich gut tut.

Das Wort wurde, so will es die Überlieferung, von einem amerikanischen Arzt geprägt. Der Begriff ist neu, die Sache nicht: Wohl fühlen will sich jeder – nur sind die Wege dorthin vielfältig. Die einen entspannen sich durch Übungen im Alltag, die anderen setzten auf die Animierung durch Profis.

Transportiert werden mit dem Wellnessgedanken oft allein Kurse, die punktuell auf „Wohlbefinden durch Verwöhnung“ setzen, auf Verschönern und Verhübschen durch Kosmetik und Massage. So hat die Stiftung Warentest jüngst das „Verwöhnpotenzial“ 22 deutscher Hotels getestet und gibt Interessenten als ein Fazit mit auf den Weg: „Erwarten Sie nicht zu viel von einem Wellnessurlaub.“ Ein Wellness-Wochenende böte allenfalls eine vorübergehende Entspannung – selbst längere Aufenthalte könnten „chronische Beschwerden aber kaum beheben“. Für den Test machte man 450 Hotels im Inland ausfindig, die „sich in irgendeiner Weise dem Thema Wellness verschrieben haben“. Die letztlich ausgewählten erfüllten zuvor definierte Mindestanforderungen – Luxushotels blieben „aus konzeptionellen Gründen“ außen vor.

Zu dem hinterfragten Angebot gehört, dass alle Aktivitäten im Hause selbst stattfinden und mindestens die Bereiche Fitness, Entspannung, Schönheit, Ernährung und geistige Aktivitäten umfassen. Auch Schwimmbad, Sauna und Gymnastikraum waren obligatorisch, zudem ein naturnahes Umfeld. Nach offizieller, zuvor angemeldeter Inspektion, ergänzt mit einer verdeckten telefonischen Anfrage als vermeintlicher Interessent kristallisierten sich schließlich exakt 50 Prozent der Objekte heraus, denen die Warentester das Prädikat „gut“ verliehen. Die andere Hälfte war immerhin „befriedigend“, wobei die Tester letztlich mit Erstaunen registrierten: „Von einem ganzheitlichen Konzept ist in vielen Häusern kaum etwas zu spüren.“

Doch genau darauf sollte es bei Wellness eigentlich ankommen, erklärt Ulrike Pilz-Kusch in ihrem Ratgeber, schließlich sei das Wort eine Kombination aus „wellbeing“ und „fitness“. Die „rein leistungsorientierte Fitness-Bewegung“ greife zu kurz. Das ganzheitliche Gesundheitsverständnis „zielt auf Harmonie von Körper, Geist und Seele“.

Das wiederum hat wenig mit Gurkenscheiben auf den Augen zu tun oder grüner Anti-Falten-Paste auf der Stirn. Es geht auch nicht allein darum, negative Aspekte, also krank machendes persönliches Verhalten, zu meiden. Wirksamer seien die „gesund erhaltenen Momente“, schreibt Pilz-Kusch: „Ein Lebensstil, der ein höheres Maß von Wohlbefinden, Spaß, Zufriedenheit und Lebensqualität fördert“, der das Leben „als reizvoll und Anforderungen als Herausforderung erleben“ lasse. Dinge also, die sich unter den großen allgemeinen „Wahrheiten“ subsumieren lassen, gelegentlich aber immer wieder genannt werden müssen.

Letztlich würden, so Pilz-Kusch, regelmäßig drei bis zwölf Einflussgrößen für Wellness benannt. Meist tauchten dabei mindestens „gesunde Bewegung, Ernährung, Entspannung und Stressbewältigung“ auf, darüber hinaus würden als weitere „Dimensionen“ unter anderem aufgeführt: zwischenmenschliche Beziehungen, Umweltbewusstsein, persönliche Werte, Lebensziele und Lebenssinn sowie Arbeitszufriedenheit. Dies als Maßstab betrachtet macht klar, weshalb ein einzelnes Wochenende im Kurhotel oder der Yoga-Kurs allein noch lange kein Wellness ausmachen – aber durchaus Meilensteine auf dem Weg dorthin sein können. A. LOHSE

„Wohlgefühl nicht garantiert: Wellnesshotels in Deutschland“. In: test, Ausgabe 203, für 3,60 € am Kiosk. „Gesucht: Wellness“ (s. Buchtipp auf dieser Seite)