Geld zurück binnen drei Tagen

EU-Kommission legt Leitfaden zur Koordinierung der nationalen Kriseninstrumente vor

BRÜSSEL taz ■ Die Mitarbeiter von Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes legen Nachtschichten ein. Kaum ein Tag vergeht, an dem ihre Abteilung nicht einen neuen nationalen Nothilfeplan zur Abwendung der Finanzkrise prüft und – in den meisten Fällen – billigt. Nachdem die irische Regierung Ende September ohne Absprache mit den anderen Euroländern unbegrenzte Garantien für die Spareinlagen in sechs irischen Großbanken ausgesprochen hatte, war Brüssel aufgeschreckt. Wären andere Länder dem irischen Beispiel gefolgt, hätte das einen Wettlauf der Sparer auf die sichersten Eurokonten auslösen und das Finanzchaos weiter vergrößern können.

Am 7. Oktober hatten sich die Finanzminister darauf verständigt, die Bankgarantien EU-weit zunächst auf mindestens 50.000 Euro heraufzusetzen. Gestern legte die Kommission einen Vorschlag für ein neues Einlagensicherungsgesetz vor. Danach soll jeder Mitgliedsstaat bei einer Bankpleite Sparer bis zu mindestens 100.000 Euro entschädigen. Die Summe soll nicht wie bisher innerhalb von drei Monaten, sondern binnen drei Tagen ausgezahlt werden. Das Gesetz muss noch von den Regierungen und vom Europaparlament gebilligt werden.

Für Kapitalspritzen und andere Nothilfen hat die Kommission einen „Leitfaden“ herausgebracht, an dem sich die Regierungen orientieren sollen, wenn sie einem Kreditinstitut unter die Arme greifen. Der EG-Vertrag gestattet Staatsbeihilfen nur in Ausnahmefällen, zum Beispiel „zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedsstaates“. In regelmäßigen Abständen muss der jeweilige Staat deshalb überprüfen, ob die Krisensituation überhaupt noch besteht. Damit keine ungleichen Marktbedingungen entstehen, dürfen die Hilfen nicht an die Nationalität des Begünstigten gebunden sein. Sie müssen so angelegt sein, dass private Anteilseigner nicht auf Kosten des Steuerzahlers Profite einstreichen. Der private Sektor muss sich „mit einem bedeutenden Anteil“ an der Finanzierung beteiligen.

Außer an diesen Kriseninstrumenten arbeitet die Kommission seit geraumer Zeit an grundlegenden Strukturreformen für das europäische Finanzsystem. Die neue Richtlinie zu verschärften Eigenkapitalvorschriften für Banken, die Binnenkommissar McCreevy Anfang des Monats vorstellte, wurde in der Öffentlichkeit als Reaktion auf die Krise interpretiert. Tatsächlich ist sie seit Monaten in Vorbereitung. Das Gesetz soll künftige Pleiten im Banken- und Wertpapiersektor verhindern. Es legt fest, wie viel Eigenmittel ein Kreditinstitut zur Abdeckung eigener Risiken und für den Schutz der Anleger auf der hohen Kante haben muss. Kredite zwischen Banken dürfen ein bestimmtes Limit nicht mehr überschreiten. Die nationalen Aufsichtsgremien müssen enger zusammenarbeiten.

Die Kommission würde am liebsten eine europäische Bankenaufsicht einführen, doch die Mitgliedsstaaten wollen Brüssel nicht noch mehr Kompetenzen zugestehen. „Wenn sich die Kommission für ein europäisches Überwachungsgremium ausspricht, dann geht es ihr nicht darum, noch mehr Macht an sich zu reißen“, schrieb Kommissionspräsident Barroso den Teilnehmern des Herbstgipfels am Dienstag ins Stammbuch. „Die Realität sieht so aus, dass fast zwei Drittel der europäischen Bankgeschäfte schon jetzt eine grenzüberschreitende Dimension haben. Eine europäische Dimension verlangt nach einer europäischen Lösung.“ Zu den geplanten Maßnahmen, die erst mittel- oder langfristig Wirkung zeitigen können, gehören auch eine Neufassung der Empfehlungen für Managergehälter und neue Richtlinien für Ratingagenturen, die die Kreditwürdigkeit von Banken benoten und deshalb großen Einfluss auf das Verhalten der Anleger haben. DANIELA WEINGÄRTNER