Die Anti-Kriegs-Profs

Wenn Berliner Politikprofessoren vor dem Krieg warnen, ist ihnen Beifall sicher. Trotz mancher Ungereimtheiten

BERLIN taz ■ Bevor es losgeht im Hörsaal, läuft ein Videoclip, in dem Ölpumpen zu sehen sind und Autoschlangen. Aus einem Bohrturm sprudelt Öl. Dazu hört man das Lied: „We need oil, we never get enough, it’s our destiny.“

Etwa 300 Studenten sitzen im Hörsaal des Otto-Suhr-Instituts (OSI), der größten politikwissenschaftlichen Einrichtung Deutschlands in Berlin. Thema: Irak. Am OSI diskutierte man schon über den Golfkrieg 1991, den Bosnienkrieg und den Kosovokrieg. Meist war man für den Frieden. Nur während des Balkankonflikts forderten einige Dozenten ein militärisches Eingreifen. Dazu gehörte auch Hajo Funke, der jetzt auf dem Podium sitzt neben Thomas Risse, dem Dekan des Fachbereichs, Elmar Altvater und Friedemann Büttner. Altvater war immer Kriegsgegner. Nach dem Clip erklärt der Nahostexperte Büttner, was los ist. Saddam sei grausam, skrupellos und ein Mörder. Aber ein Krieg könnte die gesamte Region in ein Chaos stürzen. Die Studenten klatschen. Thomas Risse sagt, dass wir uns in einem „Weltordnungskonflikt“ befinden. Die US-Regierung wolle die internationalen Institutionen aushebeln, um das Prinzip des Stärkeren durchzusetzen. Das sagte Risse auch, als die USA mit einem UN-Mandat 1991 die irakische Armee aus Kuwait vertrieben. Die UNO werde instrumentalisiert, hieß es damals, um die „neue Weltordnung“ durchzusetzen. Als die Nato 1999 Jugoslawien bombardierte, forderte Risse ohne Angst vor Instrumentalisierung ein UN-Mandat.

Hajo Funke, der nach ihm spricht, ist der Hansdampf in allen Gassen. In kurzer Folge veröffentlichte er Bücher zum Rechtsradikalismus, zum Bosnienkrieg und nun zur neokonservativen Bewegung in den USA. Während des Bosnienkrieges forderte Funke Bodentruppen und Luftschläge, um die serbische Armee zu schwächen, und zoffte sich deswegen mit Elmar Altvater auf demselben Podium. Jetzt fürchtet Funke einen US-amerikanischen religiösen Messianismus. Altvater nickt. Er erklärt, es gebe ökonomische Gründe für den Krieg. Die USA wollten die Ölpreise kontrollieren. Dazu hätten die USA unter anderem zahlreiche Militärbasen aufgebaut im Kaukasus. Während des Kosovokrieges behauptete Altvater, die USA wollten einen Landgürtel zu den Ölfeldern im Kaukasus erobern. Kosovo sei nur eine Station dabei. Schließlich meldet sich Peter Grottian zu Wort. Auch er ist Professor und sagt, er arbeite an einem menschlichen Schutzwall, der aus Nobelpreisträgern und Bischöfen bestehen soll. Die reisen dann nach Bagdad und stoppen den Krieg. Auch mit Günter Grass sei er im Gespräch und er hofft, Grass ist dabei. Die Studenten klatschen. SEAD HUSIC