Deutsche Medien an der blauen Donau

Der ungarische Medienmarkt ist fest in Händen deutscher Konzerne: Bertelsmann im TV, Springer und WAZ im Print

„Ungarn braucht einen weiteren öffentlich-rechtlicher Fernsehkanal – unbedingt“, forderte der abgewählte Ministerpräsident Viktor Orban. Denn seine konservative Partei hatte die Macht verloren – und damit auch den Einfluss auf den staatlichen Rundfunk. Wenn die neue linke Regierung schon den Staatssender in Beschlag nehme, so Orban, müsse eben auch die Opposition über einen Sender verfügen.

Seit der Änderung des Mediengesetzes 1996 gibt es auch zahlreiche private Fernsehsender, die sich dem Politeinfluss aber entziehen. Der TV-Marktführer RTL-Klub ist auch gar nicht in ungarischer Hand: Er gehört mehrheitlich zu Bertelsmann. Andere deutsche Konzerne wie Springer, WAZ oder Bauer entschieden sich für das Printgeschäft – mit nachhaltiger Wirkung. Springer war 1988 in das Zeitungsgeschäft eingestiegen und führt heute die ungarische Presse an.

Schon vor zwei Jahren gab Springer-Chef Mathias Döpfner die Parole aus, den Umsatzanteil in Osteuropa zu vergrößern. Dass dabei auch die WAZ-Gruppe als Partner in Frage kommt, scheint nicht weiter zu stören. Beide Verlage kooperieren bei der Produktion von Sonntagszeitungen: Ungarn ist in 19 Regierungsbezirke aufgeteilt, in denen früher die Kommunisten jeweils eine marktbeherrschende Zeitung herausgaben. Nach der Privatisierungswelle in den Neunzigerjahren sicherte sich Springer neun und die WAZ fünf dieser Titel. In den Gebieten, in denen Springer nicht vertreten ist, einigte man sich mit der WAZ und den übrigen Regionalmonopolisten auf einen Deal: Springer liefert ihnen seine Sonntagszeitung Vasárnap Reggel, dafür geben die Platzhirsche ihren Titel her. Die Erlöse werden brüderlich geteilt.

Für Springer ist es ein echter Coup. Der Verlag ist mit einer Sonntagszeitung im ganzen Land präsent, muss aber keinen landesweiten Druck und Vertrieb organisieren und keine Anzeigenabteilung unterhalten. Die Redaktionen der Regionalblätter sorgen für die Berichterstattung vor Ort. Den überregionalen Mantelteil produzieren in Budapest zehn Springer-Redakteure. László Dalia, der Chefredakteur von Vasárnap Reggel, verhehlt nicht, dass deren Produktion vor allem eins sein soll – billig. Die Gehälter stehen in keinem Verhältnis zur mit rund 152.000 Exemplaren ordentlichen Auflage. Und so arbeiten einige Redakteure ganz offiziell zugleich für Blätter anderer Verlage. RICHARD HEIMANN