strübel & passig
: Häufig gestellte Fragen

Webmaster gelangen meist schnell zur Einsicht, dass es mit der Individualität des Menschen nicht weit her ist. Verfolgt man die zu einer beliebigen Website eingehenden Anfragen, kann man eher den Eindruck gewinnen, dass da draußen nicht mehr als vier verschiedene Nutzer unterwegs sind, drei davon kaum heller als Laubfrösche.

 Ich weiß nicht, ob meine diversen FAQs im Netz kundenorientiert alle denkbaren Probleme vorwegnehmen oder nur so schroff und abschreckend formuliert sind, dass sich danach keiner mehr zu fragen traut. Jedenfalls hat die Flut einfältiger Anfragen („Wo stehen denn die Termine?“ – „Unter ‚Termine‘ “) in den letzten Jahren nachgelassen. Der Mensch, der mir die meisten saudummen Fragen stellt, bin inzwischen ich selbst.

 Das muss anders werden, und zwar mit Hilfe einer FAQ zu meinen häufigsten Problemen. Zuerst die einfachen Fragen: „Wieso geht das denn nicht? Menno!“ – „Weil ich die Permissions falsch gesetzt habe, darum nicht.“ „Wieso geht das denn IMMER noch nicht?“ – „Weil ich geschweifte Klammern und runde Klammern verwechselt habe.“ Neben der Zeitersparnis erhoffe ich mir davon, dass die Zahl meiner erbosten Provideranrufe, die fast immer in Schande und Debakel enden, zurückgehen wird. Neulich griff ich zum Telefon, um mich zu beklagen, dass meine Zugangsdaten plötzlich nicht mehr passten. Eine Callcenterschnepfe teilte mir mit, unter meiner Kundennummer führe man gar niemand. Ich setzte der Dame meine Meinung über schlecht organisierte Billigproviderklitschen auseinander, legte auf und bemerkte erst eine halbe Stunde später, dass dieser Provider gar nicht der meine war. Damit sich so was nicht wiederholt, lege ich den Eintrag an: „Mein Provider, der Halsabschneider, hat alles durcheinander gebracht!“, und antworte mir: „Nein, das bin ich selber gewesen, und ich bringe es auch selber wieder in Ordnung, ohne anständige, hart arbeitende Menschen mit albernen Beschwerden zu belästigen.“

 Die Rubrik „Haushalt“ ist bisher leider noch weitgehend under construction, hier muss ich vielleicht mal externe Fachleute zur Beantwortung heranziehen: „Wieso sieht meine Wohnung immer so widerwärtig aus, wo ich mich doch maximal eine Stunde am Tag wach dort aufhalte?“, „Kann ich das Geschirr beliebig lange im Spülwasser eingeweicht liegen lassen, wenn ich alle paar Monate einen Spritzer Sagrotan dazugebe?“ und: „Wo ist der Hausschlüssel, wo ist die Zahnseide, was riecht hier eigentlich so komisch?“

 „Bin ich zu alt, um Geek-T-Shirts zu tragen?“ beantworte ich nach eingehender Überlegung mit „Ja. Aber das macht nichts“ und widme mich dann der häufigsten aller häufig gestellten Fragen: „Sind Frl. Strübels Texte nicht womöglich doch viel lustiger als meine? Von Jenni Zylka mal ganz zu schweigen. Außerdem sehen beide besser aus als ich, ist das ungerecht, oder was?“ Eines Tages will ich ein eigenes Callcenter, damit ich mich mit derlei Unfug nicht mehr selbst befassen muss. Aber bis dahin muss es auch so gehen: „Von solchem Weiberkram will ich nichts hören, solange ich die Beine unter meinen Tisch strecke.“

 „Warum ist es immer so schwer, einen anständigen Schluss für die taz-Kolumne zu finden?“, notiere ich abschließend. Und: „Auf manche Fragen gibt es einfach keine Antwort.“

KATHRIN PASSIG

kathrin@kulturindustrie.com