Messehalle voller Patientendaten

Fachverband kritisiert Firma, die tausende Krankenakten in einer öffentlich zugänglichen Halle in Leipzig lagert

BERLIN taz ■ Im Streit über die Lagerung tausender Patientenakten in einer öffentlich zugänglichen Leipziger Halle wirft der Branchenverband FMI dem verantwortlichen Unternehmen Rechtsverstöße vor.

Die Münsteraner Firma DMI GmbH und Co. KG habe „äußerst geheime“ Daten nur „unzureichend gesichert“, kritisierte der Fachverband für Multimediale Informationsverarbeitung (FMI) am Mittwoch. „In einer Halle, die von einer breiten Öffentlichkeit genutzt wurde, haben diese Akten ums Verrecken nichts zu suchen“, sagte FMI-Vorstand Joachim Künzel. „Sie wollen ja auch nicht, dass Ihre Nachbarn über Ihre Krankheiten Bescheid wissen.“ Sein Verband werte den „lockeren Umgang mit Patientenakten“ als eindeutigen Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen.

Grund für die Aufregung ist der Fund einiger tausend Patientenakten Ende vergangener Woche in Leipzig. Ein Mann hatte in einer Halle der Alten Messe die hochsensiblen Akten aus vier Krankenhäusern entdeckt, einige Seiten abgelichtet und ins Internet gestellt. Dort waren sechs einzelne Aktenseiten für einige Stunden abrufbar.

Die Patientendaten stammen aus Krankenhäusern in Hofgeismar, Offenbach (beide Hessen), Karlsruhe (Baden-Württemberg) und Minden (Niedersachsen). Die DMI hatte in Sachsen eine Halle angemietet, weil sie die Daten dort im Auftrag der Krankenhäuser einscannen wollte.

Wie auf ARD-Fernsehbildern zu erkennen ist, lagern die Akten in Kartons, die auf Paletten gestapelt sind. In derselben Halle fand ein Kleiderverkauf statt. Medienberichten nach waren der Verkauf und das Aktendepot nur durch einen zwei Meter hohen und mit Stoff abgehängten Metallzaun voneinander getrennt.

Das im Digitalisieren von Krankenakten erfahrene Unternehmen DMI kontert die Vorhaltungen des Verbands mit einer pikanten Wendung: Das Unternehmen hält den heimlichen Fotografen für den „Gesellschafter eines unmittelbaren Wettbewerbers“, der sich in einer „geplanten Tat“ Zugang zu den Akten verschaffte – mit dem Ziel, die Konkurrenten bloßzustellen. DMI erstattete deshalb Strafanzeige wegen Hausfriedensbruchs und Geheimnisverrats, nun ermittelt der Staatsanwalt. Das Unternehmen wollte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen äußern. „Wir kümmern uns jetzt erst mal um unsere Kunden“, sagte der Geschäftsführer.

Der FMI vertritt 38 der etwa 150 Firmen, die bundesweit scannen und digitalisieren – DMI ist nicht darunter. HENDRIK HEINZE