Gesammelte Wut auf die Bank

Bürgerinitiative übergibt dem Senat rund 37.000 Unterschriften, rund 12.000 mehr als nötig. Ziel ist ein Volksbegehren zum Bankenskandal. Innensenator Körting will das Anliegen vorbehaltlos prüfen

von RICHARD ROTHER

Ein freundlicher, fast festlicher Empfang: Innensenator Ehrhart Körting (SPD) lud gestern die Bürgerinitiative „Bankenskandal“ in seinen Amtssitz an der Klosterstraße in Mitte. Der Anlass: die Übergabe von knapp 37.000 Unterschriften, mit denen die Initiative die Einleitung eines Volksentscheids erzwingen will. Dessen Hauptziel: die Rücknahme der Landesbürgschaft für die Bankgesellschaft in Höhe von bis zu 21,6 Milliarden Euro.

Vor seinem Amtssitz fand Körting freundliche Worte für die Aktivisten. Er habe tiefes Verständnis dafür, dass die Bürger der Stadt wegen des Bankenskandal besorgt seien, und begrüße ihr Engagement. Gesagt, getan. Die gut zwei Dutzend Aktivisten, vielfach älter als 50, packen die 13 Kisten und tragen sie über lange Amtsgänge in den Sitzungssaal 1807. Auf den Tischen reihen sie ihr Werk, hinter dem sich ein halbes Jahr mühsames Sammeln verbirgt, mit Stolz auf.

Als der Innensenator das Wort ergreift, wird es still. Bei den Geschäften der Bankgesellschaft seien viel Blauäugigkeit und falsche Prognosen im Spiel gewesen, so Körting. Ob auch kriminelle Energie dabei war, müssten die Staatswanwälte beurteilen. Die Lehre sei, dass der Staat sich aus dem Wirtschaften heraushalten müsse.

Die erste Hürde des Volksbegehrens, 25.000 gültige Unterschriften, dürfte nun genommen sein. Unklar bleibt, ob der Senat das Begehren einleitet. Körting: „Das muss jetzt ohne Vorbehalte geprüft werden.“ Grund für das Zögern: Haushaltsfragen dürfen laut Landesverfassung nicht Gegenstand eines Volksentscheides sein.

Bis Anfang Februar erwartet die Initiative einen – positiven – Bescheid des Senats. Otmar Jung, juristischer Berater der Initiative, verweist auf Erfahrungen in anderen Bundesländern. In Sachsen sei zwar ein Volksentscheid gegen das Haushaltsgesetz unzulässig, nicht aber ein Volksentscheid, der Finanzfragen berühre. Jung: „Letztlich ist jedes Gesetz haushaltsrelevant.“

Stimmt der Senat zu, könnte die nächste Phase des Volksbegehrens vor dem Sommer beginnen. Innerhalb von zwei Monaten müssten knapp 250.000 Unterschriften gesammelt werden. Daraufhin würde der Volksentscheid folgen. Für einen Erfolg reicht eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen, wenn sich mindestens die Hälfte der Berliner Wahlberechtigten beteiligt. Lehnt der Senat die Einleitung des Volksbegehrens ab, will die Bürgerinitiave vor dem Landesverfassungsgericht klagen. Das Verfahren könnte ein halbes Jahr dauern.

Die mehrheitlich landeseigene Bankgesellschaft stand 2001 vor dem Ruin, weil zahlreiche Immobilienfonds wegen marktunüblicher Gewinngarantien hohe Verluste machten. Das Land reagierte mit Milliardenhilfen und Bürgschaften für die Fonds.