Wem der Wind ins Gesicht bläst

Die Hamburger Kultursenatorin Dana Horáková wird von der Kulturszene der Stadt nur noch als Zumutung empfunden

Kleiner Tipp. Falls Sie in diesen Tagen irgendetwas mit einem Hamburger Kulturschaffenden zu bereden haben, melden Sie sich am Telefon einfach mit den Worten: „Ich bin nicht die Horáková!“ Schon haben Sie die Lacher auf Ihrer Seite, und Sie müssen nur noch Sorge dafür tragen, dass das Gespräch irgendwann auf das Thema kommt, das Sie eigentlich ansprechen wollten. Von sich aus hören hanseatische Künstler oder auch Kunstverwalter nämlich gar nicht mehr auf, über Dana Horáková zu reden.

Na ja reden. „Spotten“ und „schimpfen“ wären bessere Beschreibungen. Gespräche über die 55-Jährige nehmen jedenfalls gern Tönungen in allen Spielarten der Ironie, des Zynismus, gelegentlich auch der Verzweiflung an. Die ehemalige Kulturchefin der Bild-Zeitung hat keine Lobby in Hamburgs Kulturszene, und das bekommt sie nun zu spüren. Gut hansestädtisch gesagt: Der Kultursenatorin bläst der Wind ins Gesicht.

Es ist ja nicht nur so, dass Ingo Metzmacher nun aus der Deckung geht; die Ankündigung, seinen bis zum Jahr 2005 laufenden Vertrag nicht verlängern zu wollen, verband der beliebte Generalmusikdirektor der Hamburger Oper mit ganz undiplomatischen Klagen über den Umgang der hanseatischen Kulturbehörde mit den Kulturschaffenden. Es ist darüber hinaus auch nicht nur so, dass mittlerweile bei allen wichtigen Posten der Hamburger Theater Unsicherheit darüber herrscht, wer sie nach Auslaufen der derzeitigen Verträge ausfüllen soll. Vor allem ist es so, dass Hamburgs Kulturszene mit ihrer Senatorin nicht kann.

Wer sich zwischen Ottensen und St. Georg umhört, stößt immer wieder auf die gleiche Einschätzung: Die Horáková ist einfach nicht satisfaktionsfähig. Zum Beispiel ist die dringende Frage zu hören, wie man denn, bitte schön, etwa die Zukunft des Theaters mit einer Senatorin bereden soll, die jedes Bekenntnis zu avancierter Kunst mit einem „Ja, aber …“ garniert. „Wenn jedoch die junge Kunst zu radikal, zu kämpferisch voranprescht, fragt sich das Publikum – logischerweise: ‚Was muten die uns da wieder zu?‘ “ Das ist ein typisch pseudotoleranter Horáková-Satz, wie er auf mancher Ausstellungseröffnung, auf manchem Kulturempfang zu hören ist. Man muss seine Antennen für die feinen Unterschiede gar nicht ganz ausfahren, um die These nachvollziehbar zu finden, dass die Hamburger Kulturszene ihre Auftritte als Zumutungen empfindet – vielleicht sogar als größere Zumutungen als die, die der vom Spardiktat diktierte Kulturhaushalt der Hansestadt vorschreibt.

Aber vielleicht erfüllt Dana Horáková genau damit ja die Einstellungsvoraussetzungen des CDU/Schill-Senats? Als Lobbyvertreterin der schwierigen Künstler war sie schließlich wohl nicht vorgesehen. Ihr Projekt – so ließe sich in ihre etwas unklaren programmatischen Aussagen hineininterpretieren – ist eher das einer Popularisierung der Künste; mag sein, dass sie sich als Anwältin des Publikums und seiner berechtigten Unterhaltungsinteressen versteht.

Nur: Als solcher versteht sich etwa Ingo Metzmacher, der sehr viel für die Vermittlung der Musikkunst tut, auch – demnächst allerdings nicht mehr in Hamburg. Für Popularisierung braucht man ein Händchen. Man findet in Hamburg kaum jemanden, der Dana Horáková so etwas noch zutraut. DIRK KNIPPHALS