Sars ist zurück: China keult Schleichkatzen

In Südchina wurde nach einem halben Jahr wieder eine Ansteckung mit dem gefährlichen Sars-Virus registriert

BERLIN taz ■ Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat gestern in Südchinas Provinz Guangdong den ersten Fall der gefährlichen Lungenkrankheit Sars seit sechs Monaten bestätigt. Demnach hat sich ein 32-jähriger Fernsehproduzent, der am 20. Dezember in ein Krankenhaus der Metropole Guangzhou (Kanton) eingeliefert wurde, mit Sars infiziert. 25 Menschen, die mit ihm Kontakt hatten, sind bisher isoliert worden, weisen jedoch keine Symptome auf.

Wie mit dem Fall betraute Forscher gestern in Hongkong mitteilten, ist unklar, wie sich der Mann infizierte. Nach eigenen Angaben hatte er keinen Kontakt mit Wildtieren. Nach Angaben der Zeitung China Daily sollen jedoch Ratten in seiner Wohnung gefunden worden sein.

Forscher vermuten seit dem Ausbruch der Sars-Epidemie in der ersten Jahreshälfte 2003, dass das gefährliche Coronavirus vom Tier auf Menschen übertragen wurde. Die chinesischen Behörden ordneten deshalb gestern die Notschlachtung von rund 10.000 Larvenrollern (paguma larvata) an. Diese ursprünglich wilde, marderartige Schleichkatzenart, die aufgrund ihres englischen Namens „masked palm civet“ im Deutschen oft fälschlich als Zibetkatze (viverra zibetha) bezeichnet wird, gilt in Südchina als große Delikatesse. Laut dem Zentrum für Seuchenkontrolle in Guangdong ergaben Gentests eine große Ähnlichkeit des bei dem Infizierten gefundenen Coronavirus mit denjenigen, die bei Larvenrollern festgestellt wurden.

Bereits im vergangenen April hatte Chinas Regierung ein Verbot des besonders im Süden des Landes verbreiteten Handels mit Larvenrollern und 53 anderen Wildtierarten erlassen. Auf Guangdongs Tiermärkten können etwa Gekkos, Skorpione, Schlangen, Hunde, Katzen und Ratten lebend zum frischen Verzehr oder zum Teil getrocknet als Medizin oder Aphrodisiakum erworben werden. Die Zucht der eigentlich auf Bäumen lebenden Larvenroller war von der Regierung sogar befürwortet worden, um die wilden Tiere zu schützen und den Bauern Zusatzeinkommen zu ermöglichen. Nach den Protesten von Tierhändlern wurde das Handelsverbot dann im August gegen den Rat von Gesundheitsexperten aufgehoben.

Jetzt wird in China eine Rückkehr der Sars-Seuche befürchtet, die im vergangenen Frühjahr das öffentliche und wirtschaftliche Leben lahm legte. Die Aktien von Fluggesellschaften und Touristikunternehmen gaben jetzt an den Börsen in Schenzhen und Schanghai bereits nach, Pharmawerte notierten fester.

Die Regierung hofft dieses Mal besser auf Sars vorbereitet zu sein. Damals war die Krankheit wochenlang verschwiegen worden war. Nach Behördenangaben sind in den vergangenen Monaten allein in Guangdong 158 Krankenhäuser auf Sars-Patienten vorbereitet worden.

Auch die Philippinen meldeten inzwischen zwei Sars-Verdachtsfälle. Eine 41-jährige Haushaltshilfe und ihr Mann wurden in Quarantäne genommen. Sie sollen zuvor aus Hongkong angereist sein. An Sars erkrankten im vergangenen Jahr weltweit 8.000 Menschen. 774 starben, vor allem in China und Hongkong. SVEN HANSEN