PDS: ALLEIN DIE REALPOLITIK WIRD DIE KRISE DER PARTEI NICHT BEENDEN
: Den politischen Selbstmord vermieden

Die PDS hat vom politischen Selbstmord Abstand genommen. Das ist eine Überraschung. Denn nach der verlorenen Bundestagswahl setzten sich auf dem Geraer Parteitag die Traditionalisten und andere Unzufriedene durch. Daraufhin verlor die Partei viele Reformer und damit einen Teil ihrer fähigsten Leute. Zudem bot sie mit der „gestaltenden Opposition“ eine Parole an, die niemand verstand. Jetzt liegt die Partei weit unter fünf Prozent. Und nicht wenige dachten, mit einem rein nach innen zielenden Parteiprogramm würde nun die Selbstvernichtung vollendet.

Es ist anders gekommen. Die Vorsitzende Gabi Zimmer hat einen Programmentwurf gegen einen Teil ihre Unterstützer von Gera durchgesetzt. Darin verabschieden die demokratischen Sozialisten endgültig die Idee einer revolutionären Veränderung. Im Programmentwurf nennen sie die DDR explizit eine Diktatur und verwerfen auch das Konzept des Staatssozialismus. Für die PDS-Familie sind solche Feststellungen immer noch starker Tobak, über den sich die Genossen monatelang die Köpfe heiß reden werden. Für die Gesellschaft hingegen ist dies alles völlig unerheblich. Eine Distanzierung vom Staatssozialismus ist heute ungefähr genauso wichtig wie eine Distanzierung vom karolingischen Reisekaisertum – vorbei ist vorbei.

Die Bedeutung des Programmentwurfs liegt nicht in den Reizworten der Präambel, auch nicht in der langen Analyse der herrschenden Verhältnisse. Die Qualität liegt im Konkreten: Die Autoren machen Vorschläge, sie formulieren so genannte „Reformalternativen“ und denken über Bildung, Gesundheit, Rente und Wirtschaft nach. Und dabei knüpfen sie an den heutigen Problemen an, nicht an Utopia. Das ist für die PDS wirklich ein Schritt nach vorn.

Aus der Krise ist sie damit freilich noch lange nicht. Die Imagelücke, die der Abgang von Gregor Gysi gerissen hat, ist durch ein Programm nicht zu füllen. Ihre erstaunlichen Erfolge in den 90er-Jahren errang die PDS, obwohl sie nichts politisch Konkretes anzubieten hatte. Jetzt entwickelt sie neue Angebote, aber nun fehlt ihr das Image – und damit geht sie neuen Niederlagen entgegen.

ROBIN ALEXANDER