Folterknechte bleiben zu Hause

betr.: „Endlich foltern!“ (Helgoland – das schreckliche Geheimnis einer Insel in diesem Januar, taz vom 13.–15. 1. 04

Zu Ihrem Artikel stelle ich die Wahrheit wie folgt richtig: Nicht nur früher war Helgoland zoll- und mehrwertsteuerfrei, sondern ist es bis in die heutige Zeit immer noch. Dies führt aber nicht zwangsläufig dazu, dass die immerhin 560.000 Besucher jedes Jahr besoffen auf der Insel sind, auch wenn sich zirka 430.000 von ihnen eine Flasche Schnaps mit aufs Festland zurück nehmen. […]

Die „paar Touristen“ die wegen der Vögel kommen sind auf Grund der einmaligen Artenvielfalt mittlerweile recht viele, und sie lassen schon einen beachtlichen Teil ihres Einkommens bei uns, was uns auch ein gutes zusätzliches Auskommen beschert. Auf ein Schönbohm-Institut können wir hier gern verzichten, ist doch das Alfred-Wegener-Institut bereits der größte Arbeitgeber vor Ort. Dieses beschäftigt sich aber nicht auf grausige Art und Weise mit Pavianen, sondern setzt sich engagiert für die Erforschung der Meeresbiologie ein.

Die Erfahrungen, die die Inselbevölkerung während des Ersten Weltkriegs gemacht hat (Zwangsevakuierung der zivilen Bevölkerung) und während des Zweiten Weltkriegs (Betreten von Teilen der Insel nur mit Sondergenehmigung, 19. April 1945 bis 1. März 1952 Zwangsevakuierung der gesamten Insel) lässt satirische Äußerungen wie „Betreten kann man Helgoland nur mit Sondergenehmigung …“ eigentlich nicht zu.

Wir haben keine Gaststätte die „Anker“ heißt, aber eine Reihe anderer Gaststätten, die natürlich auch im Winter für unsere Gäste geöffnet haben. Denn auch (oder gerade) im Winter lohnt sich ein Urlaub auf Helgoland allemal, um von festländischen Wahnvorstellungen Abstand zu gewinnen. Die Meldung, die am 3. Januar 2004 über dpa rausging betraf nicht die Sperrung der Insel, sondern die Nachricht, dass auf der der Hauptinsel vorgelagerten Düne die ersten Kegelrobbenbabys gesetzt wurden. Und last but not least haben wir keine Seebrücke, an der die Ausflugsdampfer anlegen, sondern diese ankern auf Reede vor Helgoland. Von dort aus werden die Gäste mit dem sichersten Verkehrsmittel der BRD – der Helgoländer Börte – ausgebootet und auch wieder eingebootet. Wer mehr darüber erfahren möchte, schaue doch mal auf www.helgoland.de nach oder komme einfach vorbei. Wir treffen zwar grundsätzlich keine Vorauswahl bei unseren Gästen, aber Folterknechte bleiben besser zu Hause …

CHRISTIAN LACKNER, Kurdirektor Nordseeheilbad Helgoland