Erstes Kopftuchverbot

SPD und Grüne halten die geplanten Änderungen am niedersächsischen Schulgesetz für verfassungswidrig

HANNOVER taz ■ Beim Kopftuchverbot für Lehrerinnen und beim Kulturkampf für das christliche Abendland hat das CDU-FDP-regierte Niedersachsen die Führung übernommen. Trotz Protest der Fraktionen von SPD und Grünen nahm der Landtag in Hannover gestern als erstes Landesparlament die Beratungen über eine Schulgesetznovelle auf, die das Kopftuchverbot verankern soll und das gleich mit einem Maulkorbparagrafen für Lehrkräfte verbindet.

Der Gesetzentwurf soll Lehrern generell in der Schule „politische, religiöse, weltanschauliche oder ähnliche Bekundungen“ untersagen, die den „Schulfrieden gefährden oder stören“ können. Laut Kultusminister Busemann (CDU) soll das Gesetz, das „die Bekundung christlicher und abendländischer Bildungs- und Kulturwerte“ ausdrücklich vom Verbot ausnimmt, bereits im März verabschiedet werden.

In einem Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, in dem eine auf dem Kopftuch beharrende muslimische Lehrerin auf Einstellung klagt, werde bereits das neue Gesetz gelten, sagte der CDU-Politiker. Das Gericht werde voraussichtlich im Juni über die Klage der niedersächsischen Lehrerin entscheiden.

Der Gesetzentwurf war vom Kabinett gebilligt worden. In den Landtag brachten ihn aber nicht die Regierung, sondern die Fraktionen von CDU und FDP ein. Bei Gesetzesvorschlägen der Fraktionen ist keine Anhörung betroffener Interessengruppen oder Experten vorgeschrieben.

Aus Sicht der Opposition ist der Gesetzentwurf verfassungswidrig. Er verletze das Gebot, alle Religionen gleich zu behandeln, kritisierte SPD-Fraktionschef Gabriel. Die Grünen befürchten an den Schulen „eine neue Phase der Gesinnungsschnüffelei“.

Minister Busemann rechnet nach eigenen Angaben selbst damit, dass sein Gesetz am Ende vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe landet. JÜRGEN VOGES