Vogelgrippe auch in Indonesien

Weitere Menschen in Thailand erkrankt. Die Produktion von Impfstoff könnte laut Weltgesundheitsorganisation ein halbes Jahr dauern. Zahlreiche Züchter und Händler von Hühnchen vor dem Aus. Thailands Premier kündigt Schadenersatz an

AUS BANGKOK NICOLA GLASS

Nach mehreren asiatischen Ländern hat gestern auch Indonesien den Ausbruch der Vogelgrippe gemeldet, an der in Vietnam bereits mehrere Menschen gestorben sind. Fast alle Landesteile seien betroffen, sagte der zuständige Behördenleiter Sofjan Sudardjat in Jakarta. Menschen seien jedoch nicht an der Vogelgrippe erkrankt. Insgesamt seien seit November rund 4,7 Millionen Hühner verendet, die meisten jedoch an der für den Menschen harmlosen Newcastle Krankheit.

Im thailändischen Bangkok haben derweil die meisten Restaurants Hähnchen vom Speisezettel gestrichen. Dort ist man vorwiegend auf Schwein und Fisch umgestiegen. Der für die Geflügelpest verantwortliche Erreger H5N1 hat mittlerweile in Vietnam, Südkorea, Taiwan, Japan, Thailand und Kambodscha und nun auch in Indonesien Millionen von Hühnern infiziert.

Vietnam gilt am Stärksten betroffen. Dort starben bislang sechs Menschen an den Folgen der Vogelgrippe, darunter fünf Kinder. Darüber hinaus ist ein achtjähriges Mädchen erkrankt. Thailand, das bis vor wenigen Tagen den Ausbruch der Seuche vehement bestritten hatte, musste am Freitag schließlich einräumen, dass sich bereits zwei Jungen im Alter von sechs und sieben Jahren infiziert hatten. Des Weiteren werden derzeit zwei Todesfälle von Erwachsenen untersucht. Bisher ist unklar, ob sie auf den H5N1-Erreger der Vogelgrippe zurückzuführen sind.

Auf einen raschen Schutz für Menschen gibt es wenig Hoffnung: Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO kann ein entsprechender Impfstoff zwar innerhalb von vier Wochen hergestellt werden. Allerdings dürfte die industrielle Produktion mindestens ein halbes Jahr dauern. Zudem warnt die WHO vor gefährlichen Mutationen des Virus.

Unterdessen wurden gestern in der vorwiegend betroffenen thailändischen Provinz Suphan Buri nordwestlich der Hauptstadt Bangkok mehrere hundert Soldaten und Häftlinge im Kampf gegen die Grippe eingesetzt. Die meisten Arbeiter hatten sich aus Angst vor Ansteckung geweigert, mit Geflügel in Kontakt zu kommen. Der Farmer Sain Pantongkham äußerte sich fassungslos über den Verlust seiner 15.000 Hühner: „Damit ist auch mein Geschäft tot“, klagt er. „Die Hühnerzucht war unsere einzige Einkommensquelle.“

Der Ausbruch der Vogelgrippe ist für Thailand, das zu den fünf größten Geflügelexporteuren weltweit gehört, mehr als nur ein wirtschaftliches Fiasko. Die Epidemie wird auch zu einem politischen Dilemma für Thailands Premier Thaksin Shinawatra. Gestern hatte er zugegeben, dass die Regierung seit etwa zwei Wochen den Verdacht hatte, es könne Vogelgrippe im Land ausgebrochen sein. Man habe jedoch eine Massenpanik vermeiden wollen. Meldungen von Bauern wurden lange ignoriert.

Den betroffenen Hühnerbauern, die Thaksin gestern besuchte, sicherte er eine Entschädigung von umgerechnet einem US-Dollar pro Huhn zu. Für die ist das nur ein Tropfen auf dem heißen Stein: „Diese Entschädigung wird unsere Verluste niemals decken. Die Regierung hat keine Ahnung, was es heißt, bankrott zu gehen“, so eine Farmerin.

Derweil ist Thailand weiterhin um Schadensbegrenzung bemüht: In dieser Woche will die Regierung ein internationales Treffen abhalten. Teilnehmen werden alle von der Vogelgrippe betroffenen Länder sowie Vertreter der EU und der WHO.