Preis für Verfechter der Meinungsfreiheit

Der weißrussische Journalist Mikola Markewitsch wird von der „Zeit“-Stiftung für sein Engagement ausgezeichnet

Für den weißrussischen Journalisten Mikola Markewitsch scheint dieser März ein guter Monat zu sein. Er erhält, wie Mitte der Woche bekannt wurde, in diesem Jahr den mit 10.000 Euro dotierten Sonderpreis für Journalisten der Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius.

Seit 1999 vergibt die Stiftung jährlich den so genannten Förderpreis Junge Presse Osteuropas, mit dem vor allem Zeitungen und Medienmacher in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion gewürdigt werden, die sich in einem zusehends repressiven Umfeld um Meinungsfreiheit und kritischen Journalismus verdient machen. Außer Markewitsch werden auch Vertreter der Zeitungen Swobodni Kurs (Russland), Express (Ukraine) und Belarusski Rynok (Weißrussland) am 19. Mai 2003 jeweils einen Scheck über 40.000 Euro Preisgeld in Hamburg entgegennehmen.

Eine mindestens genauso gute Nachricht erhielt Markewitsch bereits vor zehn Tagen. Da entschied ein Gericht in Osipowitschi, dass er mit sofortiger Wirkung zu seiner Familie in seine Heimatstadt Grodno nahe der Grenze zu Polen zurückkehren darf. In Osipowitschi, im Osten Weißrusslands, hatte Markewitsch seit dem 1. September 2002 Zwangsarbeit geleistet.

Im Juni 2002 war Markewitsch, damals Chefredakteur der Zeitung Pagonja, wegen Verunglimpfung und Verleumdung des Staatspräsidenten Alexander Lukaschenko zu 18 Monaten Arbeitslager verurteilt worden. Stein des Anstoßes war ein Artikel vom 4. September 2001, in dem Lukaschenko beschuldigt wurde, etwas mit dem ungeklärten Verschwinden weißrussischer Oppositioneller zu tun zu haben – vor allem Dmitri Zawadskys, Kameramann des russischen TV-Senders ORT, vom dem seit Jahren jede Spur fehlt.

Die autoritäre Staatsmacht hatte zu dieser Zeit das Blatt Pagonja ohnehin schon im Visier. Und das nicht ohne Grund: 1992 von Markewitsch gegründet und in weißrussischer Sprache geschrieben, widmete sich die Zeitung vor allem den Problemen einer eigenständigen Entwicklung Weißrusslands in Geschichte, Kultur und Politik und setzte sich kritisch mit dem gegenwärtigen System auseinander.

Die Quittung kam prompt: Per Beschluss des obersten weißrussischen Sozialgerichts wurde Pagonja im November 2001 geschlossen – nicht nur wegen Beleidigung des Präsidenten, sondern auch wegen der Veröffentlichung von Äußerungen „nicht registrierter“ Nichtregierungsorganisationen.

Für Markewitsch bedeutet seine vorzeitige Entlassung wegen guter Führung jedoch nicht, alsbald seine Arbeit wieder aufnehmen zu können. Im Gegenteil: Der Gnadenakt ist mit zahlreichen Auflagen verbunden: Obgleich jetzt wieder zu Hause, muss sich Markewitsch regelmäßig bei den Behörden melden, eine Arbeit suchen und von seinem Verdienst auch noch 15 Prozent an den Staat abführen. Zudem darf der Journalist die Stadt Grodno nicht verlassen.

Das dürfte noch das kleinere Übel sein. Denn im Gegensatz zu Markewitsch muss sein Kollege und ehemaliger Chefreporter von Pagonja, Pavel Mazheika, für seine „journalistischen Verfehlungen“ weiter büßen und täglich gefällte Baumstämme zu Haufen aufschichten. Im Februar lehnte das Oberste Gericht in Weißrussland es ab, sich erneut mit seiner Verurteilung zu befassen. BARBARA OERTEL