Ruhe vor dem Wüstensturm

Im Internet finden sich zum Irakkonflikt neben Spezialangeboten bislang vor allem die üblichen Diskussionen über Krieg und Frieden. Und jede Menge Propaganda. Ein unvollständiger Überblick

von ROLAND HOFWILER

Noch hat der Krieg im Irak nicht begonnen – und keine Spur eines „Cyber War“ ist in Sicht. Im Internet geht es erstaunlich ruhig zu in diesen Tagen vor dem bevorstehenden Wüstensturm. In den einschlägigen Newsgroups der Globalisierungskritiker und der Friedensbewegung finden sich die gewohnten Diskussionen, wie man sie seit dem Kosovokrieg und der Befreiung Afghanistans von den Taliban kennt.

Wenig Hintergrund

Ob bei Attac (www.attac.de), dem Weltbund der Trotzkisten (www.wsws.org) oder auf den Seiten des Berliner Friedensinstituts von Otfried Nassauer (www.bits.de), das Thema Weltfrieden wird intensiv behandelt, doch ohne exklusive Hintergrundinformationen oder brauchbare Link-Sammlungen zum Irakkonflikt.

Wer’s genauer wissen will, dem sei im Augenblick die Homepage der UNO empfohlen (www.uno.de/schlagzeilen/index.cfm), eine sehr informative Seite, mit allerlei guten Querverweisen. Und wer Details sucht, wie die Kriegstreiber im Weißen Haus ihren Feldzug gegen Saddam begründen, der klicke einmal auf die Propaganda-Page des US-Verteidigungsministeriums (www.defenselink.mil) oder auf die Sonderseite der US-Regierung zum Irakkonflikt (http://usinfo.state.gov/regional/nea/iraq). Für jeden Arabisch Sprechenden ist die Homepage der „Arabischen Mudschaheddin“ (www.qoqaz.com) ein Muss. Aber Vorsicht beim Chatten! Als die militante Gruppe unter ähnlichem Namen über einen deutschen Provider ihre Homepage laufen ließ, mit deutscher Subsite, griff der Verfassungsschutz ein. Hinter dem Link „Wie kann ich für den Dschhad trainieren?“ befanden sich damals auch Texte auf Englisch, die dazu aufforderten, sich auf den Dschihad vorzubereiten.

Auch auf der Homepage von al-Dschasira (www.aljazeera.net), dem wichtigsten arabischen TV-Nachrichtenkanal, findet sich bislang nur ein unbedeutend kleines englischsprachiges Fenster (www.cursor.org/aljazeera.htm). Von der seit langem angekündigten englischen Programmerweiterung für Übersee und Europa ist dort noch nichts zu bemerken. Das Gleiche trifft auf die zahlreichen irakischen Oppositionsgruppen in aller Welt zu, auch die wenden sich ausschließlich an ein arabischsprachiges Publikum.

Lieblose Propaganda

Und was sagt das offizielle Bagdad? Die Internetauftritte der Iraker laufen längst über dutzende Server außerhalb des Landes, doch niemand macht sich die Mühe, mit den Kriegsgegnern von Sydney bis New York auf Englisch zu kommunizieren. Die irakische Nachrichtenagentur stellt ihre Propaganda ziemlich lieblos ins Netz (www.arab2.com/n/iraq/iraq-news-english.htm), das staatliche Fernsehen und Radio belässt es bei einem kurzen täglichen Nachrichten-Streaming in englischer Sprache (www.arab2.com/radiotv/iraq-tv-television.htm). Doch im Falle eines Angriffs werde der Irak in die „Nachrichtenoffensive“ gehen, tönt es aus Bagdad, und das amerikanische Konzept der „strategischen Einflussnahme“ durch Verbreitung von Desinformationen und US-freundlichen Nachrichten „mit allen Mitteln unterbinden“. Man darf gespannt sein.