strübel & passig
: Googlesichere Westen

Vorigen Juni beteiligte ich mich an einer Wette, welcher Monatsname wohl die meisten Google-Treffer erziele. Ich hatte auf August, November und Dezember gesetzt und kam damit auf spärliche 3.056.000 Hits, während die siegreiche Kombination Mai/Juni/Oktober mit 6.180.000 und mehreren Längen Vorsprung durchs Ziel ging.

 Schuld war unter anderem das „Multilaterale Investitionsabkommen“ MAI. Mittlerweile haben sich die Verhältnisse rätselhaft zugunsten des Februars verschoben, aber das Grundproblem bleibt: Homonyme erschweren das Googeln auf unzumutbare Weise.

 Wenn ich einen bestimmten Service suche, will ich von Geschirrwebsites verschont bleiben, wenn ich eine Leiter kaufen will, soll man mich mit Dingen, durch die Strom hindurchfließt, in Ruhe lassen – und mit Homonymen meine ich nicht schwul-lesbische Webseiten wie www.homonyme-nancy.com: Das nämlich war der erste erste Treffer bei Google.

 Aber nicht einmal der Begriff „googlebar“ ist googlebar, denn er kollidiert mit der Google-Zeile, die sich direkt in den Browser einbauen lässt. Wie es da ist, wenn man wirklich einmal eine goldfarbene Dusche erwerben möchte, mag ich mir gar nicht vorstellen. So jedenfalls kann es nicht bleiben, denn was nicht googlebar ist, das existiert auch nicht oder doch nur in einem nutzlosen grauen Schattenreich: der Kaffeeservicewüste.

 Schon im Interesse der Wirtschaft ist größere Google-Eindeutigkeit gefordert. Das beginnt bei den Standesämtern, die beim einzutragenden Kindsvornamen neben – meinetwegen auch anstatt – der klaren Geschlechtszuordnung auf unzweideutige Googlebarkeit pochen sollten. Jeder Staatsbürger hat ein Recht auf ungetrübtes Ego-Surfvergnügen, ohne sich seine Suchtreffer mit mehreren tausend wildfremden Harald Schmidts teilen zu müssen. Man darf die nötige Gesetzesänderung ruhig nach mir benennen oder meinetwegen nach Cosma Shiva Hagen, denn unsere Eltern haben zukunftssicher geplant.

 Was den Rest angeht, wird man analog zu bereits eingeführten Komposita wie Walfisch, Rentier und Marmorstein ein paar Klarstellungen zu verwechslungsträchtigen Wörtern anbringen müssen. „Spiegelzeitung“ soll wieder von „Spiegeleinrichtungsgegenstand“ zu unterscheiden sein, „Gesichtskiefer“ von „Kieferbaum“, und die Tätigkeit des Fickenpoppens von der Interjektion „Fickenfluch“.

 Natürlich werden ein paar Avantgardisten demnächst anfangen, „Fickenpoppen!“ zu rufen, wenn sie Cola in die Tastatur gekippt haben, aber dann muss eben für solche Sonderfälle nachgebessert werden. Das machttut nichts. Die diversen Berge auf der Welt, die übersetzt „Bergbergberg“ heißen, weil man ihnen nach jeder Invasion ein neues Wort für Berg angehängt hat, haben bisher ja auch niemanden groß gestört.

 Und das Markenrecht darf nicht – wie bisher – identische Produktnamen nur in unterschiedlichen Warengruppen zulassen, sondern sollte vielmehr dafür sorgen, dass gleichnamige Produkte wenigstens googletechnisch im gleichen Regal liegen wie das eigentlich Gesuchte.

 Man muss bei der Bekämpfung der Homonymie nicht unbedingt so weit gehen wie bei „Mark“ und das überzählige Signifikat mit einer kompletten Währungsreform aus der Welt schaffen. Für den Anfang genügt es, wenn die Augustname-Bebelstraße und die Alban-Bergkomponist-Straße neue Straßenschilder und Joachim Lottmannautors Romanbuch „Maimonat, Junimonat, Julimonat“ ein neues Cover bekommen. Ja, so könnte es gehenklappen. KATHRIN PASSIG

kathrin@kulturindustrie.com