Kriegsberichte auf Arabisch

Die Hamburger FDP kämpft für einen Pluralismus in der Kriegsberichterstattung und will deshalb den Sender Al-Dschasira im Offenen Kanal Hamburg zeigen. Doch der Vorschlag offenbart deutliche Umsetzungsschwächen

von ANNE HANSEN und LENA GORELIK

Bekommt Hamburg bald Al-Dschasira im Fernsehen zu sehen? Ja, wenn es nach der Hamburger FDP geht. Deren Vorsitzender der Bürgerschaftsfraktion, Burkhardt Müller-Sönksen, mags gerne pluralistisch und fordert deshalb emphatisch: „Al-Dschasira ins Hamburger Kabelnetz!“, und zwar in den Offenen Kanal. „Wir fordern viele verschiedene Sichtweisen. Und wir halten die Bürger für so mündig und erwachsen, dass sie selbst entscheiden können, wie und wo sie sich informieren“, reicht Christian Sommer, Pressesprecher der FDP-Fraktion, die Begründung nach.

Der Vorschlag habe nichts damit zu tun, dass man den westlichen Medien misstraue. „Man kann ja auch ruhig mal die andere Seite hören“, weiß Sommer. „Wir fragen uns einfach: Erfahren wir alles, was da passiert? Gibt es noch eine andere Kamera, die vielleicht etwas anderes filmt?“

Ein arabischer, kriegskritischer Sender auf Hamburgs Mattscheiben – bei solch drohender Überfremdung des hanseatischen Programmangebots – da sieht ein Koalitionspartner rot: „Al-Dschasira ist nicht erforderlich“, empört sich Robin Schenk, stellvertretender innenpolitischer Sprecher der Schill-Fraktion. „Wir haben das Glück, in Deutschland eine ausgewogene Medienlandschaft zu haben. Zudem ist die Berichterstattung des Senders Al-Dschasira nicht neutral und somit in der Sache wenig hilfreich“, befindet er. Neutrale Kriegsberichterstattung? Da kontert sogleich der FDP-Sprecher: „Man sieht mal wieder, dass manche Menschen mehr und manche weniger Wert auf Informationsfreiheit legen.“ Ähnlich sieht das auch Müller-Sönksen: „Die Schill-Partei stellt den Sender ja geradezu als einen Propagandakanal dar.“ Selbst das ZDF nutze den Al-Dschasira als seriöse Quelle. Die Stellungnahme der Schill-Partei sei der „Beginn einer Zensur“.

Um eine solche im Keim zu ersticken, forderte die FDP die Hamburgische Anstalt für neue Medien (HAM) auf, zu prüfen, wie die Idee in die Tat umsetzbar ist. Und offenbarte dabei eklatante Schwächen in der Kenntnis medienrechtlicher Grundlagen. „Man könne einen Sender nur dann im Hamburger Kabelnetz verbreiten, wenn die Initiative von dem Sender selbst ausgeht“, belehrt HAM-Chef Lothar Jene die Liberalen. Da der Sender aber bisher kein Interesse an einer Verbreitung im Hamburger Kabelnetz gezeigt habe, gebe es auch keine rechtliche Möglichkeit, dem Vorschlag der FDP nachzukommen.

Der scheitert aber schon aus einem viel profaneren Grund. Die „englische Fassung“ von Al-Dschasira“, die Müller-Sönksen unbedingt ausgestrahlt sehen will, hat einen entscheidenden Schönheitsfehler: Sie existiert bislang nur in den USA.