berliner szenen Sag es mit Post-its

Xberg-Kommunikation

Wolkenlos, +13 °C. Jetzt muss alles raus, raus, raus, an die Luft und in die Sonne: Vögel, Menschen, Freizeitsportler, Räder, Tischtenniskellen, Pullunder, nackte Hautstreifen, Waschmaschinen.

Ja, auch die, und fast wäre ich mit dem Riesendöner vor den Augen in eine alte Bauknecht gelaufen, die in der Mariannenstraße im Mittagslicht glänzt und ihre Trommel lüftet. Warum eigentlich? Ich hüpfe zur Seite und sehe an der Rückseite den netten, gelben Post-it-Zettel, darauf die schnörkelige Handschrift in Rot, mit luftigen Kullern über den i’s und ä’s: „Ich finde es ätzend, wenn ihr eure kaputten Waschmaschinen und Fernsehgeräte einfach in den Hof stellt. Diese Rücksichtslosigkeit kotzt mich total an, echt! Habt ihr denn gar keinen Sinn für Schönheit und Ästetik [neue Rechtschreibung?]! Stellt die Geräte dann wenigstens auf die Straße.“ Beeindruckt nehme ich den Zettel an mich und klebe ihn an den Fernseher in meinem Innenhof, wo er hoffentlich erneut zur reibungslosen Verständigung in SO 36 beitragen wird.

Doch auch die mobile Kommunikation erfreut sich erstaunlicher Beliebtheit im Kiez. Zumal draußen bei gutem Wetter, Rezession hin oder her. Und selbst die Hunde können unmittelbar profitieren: Während ein Mann und eine Frau auf der Wiener Straße vor der Morena-Bar in ihre Handys sprechen, gönnen sich ihre Tierchen vergnügt eine spontane Kopulation. Als alle vier mit ihren Verrichtungen durch sind, lächeln der Mann und die Frau sich entspannt an und gehen mit ihren Hunden in verschiedene Richtungen weiter. Ich staune nicht schlecht über den Kreuzberger Sinn für Schönheit und Ästhetik. Aber man hört’s ja immer wieder: Handys befördern den Sex in der Stadt.

ELINA KRITZOKAT