Gestörtes Verhältnis

Moskau und Washington streiten sich über angeblich von russischen Firmen an den Irak gelieferte Rüstungsgüter

MOSKAU taz ■ Der Anruf des US-Präsidenten George W. Bush im Kreml war keine Nettigkeit. Bush beklagte sich bei seinem russischen Kollegen Wladimir Putin über drei private Firmen aus Russland, die dem Irak laut US-Angaben ein Störsystem für das Satellitennavigationssystem GPS, Abwehrraketen und tausende von Nachtsichtgeräten verkauft haben sollen. Eine russische Firma sei zurzeit noch dabei, das GPS-Störsystem im Irak aufzubauen, mit dem satellitengesteuerte US-Flugzeuge und Bomben fehlgeleitet werden könnten. Inzwischen meldeten die USA, sie hätten die Störsender mit Bomben vernichtet.

Zuvor hatte US-Außenminister Colin Powell erklärt, sein Land habe Russland jede Menge Beweise für die Geschäfte vorgelegt. Dennoch habe es Moskau versäumt, seine Aufsichtspflicht wahrzunehmen und die Transaktionen zu stoppen. Deshalb habe Bush Anfang Woche persönlich bei Putin interveniert.

In Moskau tönt es etwas anders. Putin habe das Thema selbst angeschnitten und ähnliche Vorwürfe gegen die USA erhoben, erklärte ein Sprecher des russischen Präsidenten. Der Präsident habe Bush klar gemacht, man habe die Vorwürfe mehrmals überprüft, doch keinerlei Belege für die Waffengeschäfte gefunden. Auch Außenminister Igor Iwanow bekräftigte, dass Russland seine internationalen Verpflichtungen einhalte und „keinerlei Ausrüstung, auch keine militärische, an den Irak verkauft hat, welche die UNO-Sanktionen verletzen würde“.

Für zusätzlichen Ärger haben in Moskau diese Woche US-Aufklärungsflüge im südlichen Nachbarstaat Georgien gesorgt. Offenbar haben sich U-2-Flugzeuge bereits mehrmals bis auf wenige Kilometer der Grenze mit Russland genähert. Moskau ließ zur Warnung Kampfjets aufsteigen und legte eine formelle Protestnote ein. Georgien hat die Flüge inzwischen bestätigt, die angeblich der Suche nach internationalen Terroristen dienen.

Der jüngste Streit hat die Stimmung zwischen Moskau und Washington abgekühlt. Die USA suchten nur nach einem Sündenbock, den sie dafür verantwortlich machen könnten, dass ihr Blitzkrieg gegen den Irak gescheitert sei, ist in den russischen Medien zu lesen. US-Kommentatoren gaben Moskau die Verantwortung für künftige zivile Opfer im Irak, weil das GPS-Störsystem die präzisen US-Bomber blind mache.

Damit scheint in Washington wie in Moskau die Fraktion jener zu wachsen, die keine weiteren Konzessionen zu Gunsten der viel gelobten „Partnerschaft“ zwischen den USA und Russland machen wollen. Nach dem Gezerre um ein UN-Mandat und dem eigenmächtigen Kriegsbeginn der USA gegen den Irak verhält sich Russland zwar ruhig. Doch Moskau verlangt weiterhin, dass die USA den Krieg sofort beenden. ZITA AFFENTRANGER