Kassenkampf um Blaumacher

Wegen des „Blaumacher-Briefs“ an Hamburger Unternehmen fordert Gesundheitsbehörde Stellungnahme von der BKK Hamburg. Ärzte wollen klagen, FDP stellt Anfrage – und BKK Berlin will auch eine „schwarze Liste“

Die BKK Hamburg ist zufrieden: Sie ist mal wieder in den Schlagzeilen. Und legte gestern nach: „Von den 4100 Hamburger Vertragsärzten sind uns noch weitere neun Ärzte auffällig geworden“, ließ Vorstandschef Herbert Schulz wissen. Die Veröffentlichung des Briefs, in dem die finanziell angeschlagene Kasse Hamburger Unternehmen aufforderte, die Krankheiten ihrer Angestellten anzuzweifeln und dazu eine Liste mit zehn Hamburger Ärzten beilegte, „die oft krankschreiben“ (taz berichtete), hat einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.

Die Gesundheitsbehörde hat von der Kasse bis Montag eine Stellungnahme zu dem Vorgehen gefordert. „Juristen müssen prüfen, wie die rechtliche Grundlage ist“, sagt Behördensprecher Michael Mrozek und meint vor allem die Frage, ob die Veröffentlichung der Ärztenamen gegen Datenschutzbestimmungen verstößt. Davon gehen Ärztekammer und Kassenärztliche Vereinigung (KV) aus. Die KV will den Datenschutzbeauftragten einschalten, die betroffenen Ärzte erwägen eine Sammelklage.

Auch Wieland Schinnenburg, gesundheitspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion und Zahnarzt, hat Zweifel. Er will in einer kleinen Anfrage wissen, auf welcher Rechtsgrundlage die BKK zu einem solchen Vorgehen berechtigt, ob die Aufsichtsbehörde informiert gewesen sei und ob sie aufsichtsrechtliche Maßnahmen beabsichtige.

Auch die Gewerkschaft ver.di hat sich eingeschaltet: Landeschef Wolfgang Rose hält die Liste gegen Blaumacher für „Blödsinn“. Denn tatsächlich fehlten Hamburgs Arbeitnehmer im vergangenen Jahr deutlich seltener krankheitsbedingt als noch 2001. „Denn die Unternehmer haben eine derartige Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes geschürt, dass sich immer mehr Beschäftigte sogar krank zur Arbeit schleppen.“ Dieses Thema empfahl er den Krankenkassen.

Die BKK Hamburg versteht die Aufregung nicht: Habe sie doch lediglich Arbeitgeber darüber informiert, dass es die gesetzliche Möglichkeit gebe, in begründeten Fällen der Krankenkasse Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit bekannt zu machen, damit diese entsprechende Maßnahmen einleiten könne.

Und die von Schulz‘ Zwillingsbruder Jochem geführte BKK Berlin kündigte an, ebenfalls eine Liste von Ärzten zu veröffentlichen, die durch Krankschreibungen „auffällig“ geworden sind. SANDRA WILSDORF